Ich beginne also
diesen Begleitbrief, noch ehe sein Anlaß fertiggestellt
ist, um Ihnen Rechenschaft über die eigenwillige Form meines
Beitrags zu geben. Wie Sie sich erinnern, hatten Sie mir zum
quantitativen Maß von etwa 15 Typoskriptseiten geraten.
Weil ich die dahinter steckende Überlegung akzeptierte,
habe ich den Aufsatz tatsächlich für diesen Umfang
konzipiert. Doch bei der wiederholten Verdichtung schrumpfte
das ausführlich Gesagte zu kurzen und kürzesten Gebilden
zusammen. Keinem Habilitationszwang unterworfen, darf ich mich
der Mühe, die in solcher Kürze liegt, unterziehen.
Um Begründungen nicht verlegen, möchte ich Ihnen kurz
meine Argumente nennen: Wahrheit ist der kürzeste Ausdruck
einer Sache. Die Verdichtung eines Gedankens kann jedoch nicht
lesend, sondern nur denkend verstanden werden. Der Lesende muß
Segment für Segment absetzen, sich vom Geschriebenen lösen,
um selbst zu denken. Darin schlägt apodiktische Kürze
um zum Gegenteil: sie entläßt den Leser aus dem rhetorischen
Transport. Das Desiderat anstoßloser Lesbarkeit ist ein
sophistisches, mit dem utilitaristischen Gewicht dieses Prädikats.
Mit der Ausführlichkeit wächst bloß der Schein,
Wahrheit könne beschrieben werden. Anders Richtigkeit. Hölderlins
Aussagen gehören jedoch nur mit der textlichen Oberfläche
in diese Kategorie. Texte über Hölderlin müssen
dies merken lassen. Ich in meiner Freiheit habe gut reden. Lassen
Sie sich ja nicht irritieren. Sie werden selbst sehen, daß
die Resultate hinter dem theoretischen Ansatz zurückbleiben.
Aber es wäre kein gutes Zeichen, wenn das Ziel so kurz,
so erreichbar gesteckt wäre. Philologie so gedrängt
wie Stücke von Webern. Das wäre eine Alternative zur
immer gut gemeinten, im Effekt jedoch unter der Hand verwelkenden
Darstellung herkömmlicher Art.