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Clavis Hoelderliniana

17  Grotte

Die Vokabel mundus subterranus indiziert jene verborgenen Zusammenhänge unter der Oberfläche der Wörter als geheimnisvoll dunkle, womöglich illegitime. Von solchem Beigeschmack ist die Reflexion zu reinigen. Labyrinthisch ist das Geflecht geistiger Beziehungen zwischen dem Gesagten und dem Ungesagten in der Tiefe, doch hier nicht finster. Dunkel scheint es wegen der verschlungenen Pfade von Erinnerung und Assoziation. Der Topos des Labyrinthischen zeigt die undurchschaubare Wirklichkeit des Geistes im einfachen Modell: Figur der Verwunderung, denn die Instrumente der Vernunft sind zu grob, die Forderung nach Beweisen zu gründlich vor dem Stoff halbträumerischer Gedanken und absichtlich verborgener Spekulation. Zentralparabel der Idea-Lehre ist die verkehrte Welt im Höhlengleichnis. Die Wörter bewegen sich im flackernden Schein des Höhlenbewußtseins als wirklich scheinende Abbilder ihrer wahren Wirklichkeit. Weil aber die zur Wand hin gefesselten Bewohner nie anderes kannten, müssen jene Schatten für die wirkliche Wahrheit gelten. Hölderlin glaubte an die Endlichkeit des Höhlendaseins. In der Grotte von Wirklichkeit bildet sich der Geist, der 'einsmals' (1) 'aus der Werkstatt' tritt. (2) Manche Heroen wurden in Höhlen erzogen. Jason von Chiron. In den späten Ergänzungen zu KOLOMB verwandelt Hölderlin das für sich belanglose mythologische Detail in eine hermetische Mitteilung: 'Im zitternden Reegen der Grotte bildete sich ein Menschenbild aus Eindrüken des Walds.' (3) 'Reegen' (4), durch Lautverdoppelung schon pneumatisiert, und 'Wald' (5) sind Phänomen der 'Grotte', alle drei Begriffe Versiegelungen ihres wirklichen Sinns.

(1) GERMANIEN; St.A. 2,1 S. 152 v. 93
(2) FRIEDENSFEIER; herausgeg. von W. Binder und A. Kelletat, Tübigen 1959, p. VII v. 27.28
(3) St.A. 2,2 S. 877f.; dort mit dem gestrichenen Einschub: 'als auf dem wohlgestimmten Saitenspiel'
(4) 5. M. 32,2
(5) Jes. 10,18