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POSITIONEN
I / an den leser, 1-7
zu wolfram groddeck,
gunter martens, roland reusz, peter staengle, 'Gespräch
über die Bände 7 & 8 der Frankfurter Hölderlin-Ausgabe',
13./14. dezember 2001
wolfram groddeck
( = WG)
vide korrespondenz
2002; noch als student mitherausgeber der baende 6 'Elegien
und Epigramme', 1976, 3 'Jambische und hexametrische Formen',
1977, 2 'Lieder und Hymnen', 1978, 14 'Entwürfe
zur Poetik', 1979; die vorarbeiten zu letzterem wurden von professor
karl pestalozzi als dissertation angenommen; seither in basel;
u a zahlreiche aufsaetze zu nietzsche, hoelderlin und anderen,
'Friedrich Nietzsche, 'Dionysos-Dithyramben'. Bedeutung und Entstehung
von Nietzsches letztem Werk' de gruyter 1991, 'Reden über
Rhetorik. Zu einer Stilistik des Lesens', stroemfeld / nexus
1995, mitherausgeber von 'Text. Kritische Beiträge'
gunter martens ( = GM)
vide e-mail; u a mit karl l.
schneider und guenter dammann herausgeber von 'Georg Heym, Historisch-kritische
Ausgabe aller Texte in genetischer Darstellung', niemeyer, mit
hans zeller herausgeber von 'Texte und Varianten. Probleme ihrer
Edition und Interpretation', c. h. beck 1971, 'Friedrich
Hölderlin', rowohlt-monographie 2000
roland reusz ( = RR)
vide e-mail; er promovierte mit ''
/ Die
eigene Rede des andern'. Hölderlins Andenken und Mnemosyne',
stroemfeld / roter stern 1990, 748 seiten; u a mit peter
staengle herausgeber von 'H. v. Kleist [
] Kritische Edition
sämtlicher Texte [
]' und 'Franz Kafka, Historisch-Kritische
Ausgabe sämtlicher Handschriften, Drucke und Typoskripte'
im gleichen verlag, publikationen zu celan u a
peter staengle ( = PS)
u a publikationen zu Achim von Arnim und Heinrich von Kleist,
u a mit roland reusz herausgeber von 'H. v. Kleist [
]
Kritische Edition sämtlicher Texte [
]' und 'Franz
Kafka, Historisch-Kritische Ausgabe sämtlicher Handschriften,
Drucke und Typoskripte', stroemfeld / roter stern, mitherausgeber
von 'Text. Kritische Beiträge'
AN DEN LESER (19. august 2002)
entferne
dich es geht an
am
euphrat p 90
das gespraech wurde mir am todestag hoelderlins per e-mail von
roland reusz, dem herausgeber von 'Text. Kritische Beiträge'
und 'vorsitzenden' des instituts fuer textkritik e v
(ITK), zugestellt; jener verein wurde von adrian braunbehrens,
wolfram groddeck, walter morgenthaler, roland reusz, d e
sattler und peter staengle zusammen mit kd wolff, verlag stroemfeld
/ roter stern, 1994 gegruendet
'Als Kooperative
unabhängiger Editionen und Editoren unternimmt das ITK den
Versuch, detaillierte philologische Grundlagenforschung mit avancierten
Techniken der Textdarstellung zu verbinden.' (http://www.textkritik.de/about/about.htm)
gegen den grundsatz
der 'Kooperative' verstiesz schon die 'kleine Tagung' am 13./14. dezember
2001 in ottrott / elsasz insofern, als sie ohne meine kenntnis
stattfand, obwohl oder weil sie der kritischen betrachtung meiner
sache, prinzipien und begriffe galt; weder gunter martens, als
er zu diesem anlasz ein exemplar der 'hesperischen Gesänge'
erbat (vide e-mail vom 9. 12.
2001), noch wolfram groddeck, den ich wegen des polemischen tons
eigener und anderer aeuszerungen befragte, gaben einen hinweis;
von letzterem erhielt ich lediglich den bescheid, dasz er 'kein
Bedürfnis danach' habe, nach meinen 'Diskursvorgaben' zu
debattieren (vide e-mail vom 4.
2. 2002); ich konnte nicht wissen, dasz zu diesem zeitpunkt die
diskursvorgaben schon festgelegt waren; in meinem vorausgehenden
brief an wolfram groddeck habe ich auch an meinen satz 'edition
ist oeffentliche sache' erinnert ('Text. Kritische Beiträge',
5, p 43) und auf dementsprechende handhabung des mediums
internet hingewiesen (vide e-mail
vom 30. 1. 2002):
dieser brief wird
im internet veröffentlicht, das gleiche würde für
Deine antwort gelten; edition ist öffentliche sache, demgemäß
gilt für mich Kants am schluß des entwurfs 'Zum ewigen
Frieden' stehende formel des öffentlichen rechts: ' A l l e
a u f d a s R e c h t
a n d e r e r M e n s c h e n
b e z o g e n e n
H a n d l u n g e n ,
d e r e n M a x i m e
s i c h n i c h t
m i t P u b l i z i t ä t
v e r t r ä g t ,
s i n d u n r e c h t . '
in diesem zusammenhang
kann nicht verschwiegen werden, dasz der stroemfeld verlag am
7. 12. 2001 zur bestimmung eines dann auch vom hessischen
ministerium fuer wissenschaft und kunst gewaehrten, an das institut
fuer textkritik e v ueberwiesenen foerderbetrags in
hoehe von dm 30.000 mitteilte
Die beantragte Sachbeihilfe
ist bestimmt für neue verbesserte Aufnahmen von Hölderlin-Handschriften
sowie für einen wissenschafltichen Mitarbeiter des FHA-Herausgebers
und dasz diese summe
ohne befragen des herausgebers an den verlag, wohl als druckkostenzuschusz
fuer schon erschienene baende, weitergeleitet wurde (vide frankfurter rundschau, 24. 1. 2002);
ich war danach genoetigt, drei bruttogehaelter des unerlaeszlichen
mitarbeiters und mitherausgebers hans gerhard steimer aus eigenen,
nicht vorhandenen mitteln zu 'finanzieren'; nur eine letzte,
einjaehrige foerderung durch die deutsche forschungsgemeinschaft
beendete die untragbare situation, die im januar 2003 erneut
eintreten wird; um den abschlusz der edition, die weiterfuehrung
des internet-archivs und die arbeit an kommentar und leseausgabe
zu ermoeglichen, muszte ich der universitaet bremen vorschlagen,
meinen anstellungsvertrag vor der zeit zu beenden und dafuer
hans gerhard steimer zu beschaeftigen
nicht nur das bis zu diesem punkt gediehene editionsvorhaben
hoelderlin, sondern auch dessen beendigung ist durch jenes nichts
weniger als 'kooperative' papier, dem ich mich hier neben
dem taeglichen editionspensum zu widmen habe, in frage
gestellt; die im layout der zeitschrift 'Text' 55 seiten umfassende
niederschrift des gespraechs wurde von einem tiefer sorge um
den geregelten fortgang des editionswesens ausdruck gebenden
und auch sonst im ton bemerkenswerten schreiben begleitet:
[
] Ihre Edition
der Bände 7/8 der Frankfurter Ausgabe haben Wolfram Groddeck,
Gunter Martens, Peter Staengle und ich zum Anlaß genommen,
uns in der Form einer Gesprächsrezension ausführlicher
mit dem Gegenstand zu beschäftigen. Ich würde mich
freuen, wenn Sie das nunmehr transkribierte Gespräch, das
ich als pdf-Datei mitschicke, als Eröffnung eines öffentlichen
Dialogs und nicht als Angriff verstünden. Die Bände
7/8 sind für die Entwicklung der neueren Editorik von zu
großer Bedeutung, als daß Sie unbesprochen und unwidersprochen
bleiben könnten. / Sie sind hiermit eingeladen, zu der Rezension
Stellung zu nehmen. Wir drucken sie, wenn Sie zu einer Replik
Lust und Laune haben, gerne im selben Heft (2002 oder 2003).
[
]
im journal neue
seiten ist nachzulesen, dasz ich seit 5. august, unter
wechselnden titeln, nach der adaequatesten, das heiszt auch vom
schmaehlichen federkrieg sich unterscheidenden form meiner richtigstellungen
suche, um moeglichst unkontaminiert aus der mir aufgenoetigten
kontroverse hervorzugehn; ende voriger woche schien es mir schlieszlich
das beste, wenn ich meinen positionen das gespraech in seiner
ungekuerzten laenge gegenueberstellte; nur auf diese weise koennte
dieses fuer sich selbst sprechen, und ich haette die freiheit
zur unbelasteten darlegung dessen, was mir wichtig ist; mein
latent anarchisches bewusztsein vergasz, dasz die agrapta kasjalh Jewn nomima (FHA 16: 308), auf
die sich antigonae vor kreon beruft die 'ungeschriebnen
[
], / Die festen Sazungen im Himmel' (naemlich das allen
rechtlichen selbstverstaendliche rechtsgefuehl) selten genug
mit dem papiernen und wechselnden gesetz der rechtsstaatlichkeit
uebereinstimmen
am abend des 18.
lese ich die folgende drohung; der ihr vorangestellte verteiler
deutet an, auf welche art die nach eben erfolgtem erscheinen
von heft 2002 irgendwann 2003 zu erwartende publikation der 'Gesprächsrezension'
schon jetzt in samizdat-manier zwar nicht veroeffentlicht, aber
verbreitet wird; sicherheitshalber ging diese auch an die den
server der hoelderlin-arbeitsstelle betreuende abteilung der
universitaet bremen:
16. august 2002
From: Roland Reuß, To: des
CC: Adrian Braunbehrens, Barbara von Reibnitz, D. E. Sattler,
Konstanze Fliedl, Peter Staengle, Stroemfeld-Verlag, Walter Morgenthaler,
Wolfram Groddeck, KD Wolff
Subject: Abmahnung
[
] die von Ihnen vorgenommene Publikation unseres Hölderlin-Gespräches
verletzt eklatant Urheberrechts-Bestimmungen. Sie ist weder von
mir als von dem verantwortlichen Herausgeber, noch von Herrn
Groddeck oder Herrn Martens genehmigt worden. Das ist kein Kavaliersdelikt.
Sie entfernen diese Passagen umgehend von Ihrer Website, sonst
erhalten Sie am Montag nächster Woche eine kostenpflichtige
Abmahnung. Eine Beschwerde an Ihren Provider habe ich bereits
abgeschickt. [
]
die ziemlich gewoehnliche,
zwischen delikt und 'Kavaliersdelikt' unterscheidende denkart
ist mir fremd; doch kommt jene reaktion in ihrer krummheit gerade
recht, um der umfangreichen, noch am beginn stehenden arbeit
ihre richtige und bleibende gestalt zu geben; es folgt also die
verlangte umformung des beginns
bei aller nachgiebigkeit musz ich allerdings jene grenze ziehen,
an welcher das recht der anderen unwiderruflich endet, weil ihre
ueberschreitung das meine 'eklatant' verletzte; zum einen wurde
mir eine replik zugestanden; die guetige erlaubnis, dasz diese
zu einem spaeteren zeitpunkt im organ meiner gegner erscheinen
koenne, musz ich nicht wahrnehmen; zum zweiten denke ich als
angegriffener das recht zur sofortigen antwort zu haben; dies
schon darum, weil meine zeit auf der gasse egypten bemessen ist;
auch wenn das original nicht unbedingt eine replik wert ist,
musz ich es zum dritten in der mir zu diesem zweck zugestellten
form als endgueltig betrachten; ich bin also nicht verpflichtet,
nochmals auf etwaige aenderungen dieses dokuments einzugehen
und werde dieses bei meiner antikritik in den eckpunkten und
seinen bemerkenswerten, die sache selbst und mich betreffenden
aeuszerungen fixieren; dies alles im rahmen des geltenden presse-
und urheberrechts
die abschnittweise vorgehende methode einer entgegnung, die schon
in 'Hydra. Rezension einer Rezension im 39. Jahrbuch der
Deutschen Schillergesellschaft' ('Text. Kritische Beiträge'
3) kein detail der invektive jochen schmidts auszer acht liesz,
ist auch hier anzuwenden; sie fordert ein moeglichst genaues
und umfassendes referat des von oben herab gesagten; dies umso
mehr, als wolfram groddeck, gunter martens, roland reusz und
peter staengle ueber die ergebnisse eines jahrzehntelangen studiums
urteilen, ohne diese in ihrer sachhaltigkeit zur kenntnis zu
nehmen; indem sie in fragwuerdiger weise praemissen und begriffe
des herausgebers in frage stellen, legen sie nahe, dasz eine
eingehendere lektuere des edierten entbehrlich sei; mit der en
passant veranstalteten 'Gesprächsrezension' wurde somit
der rufschaedigende versuch unternommen, den wert eines gleichfalls
unter urheberschutz stehenden werks a priori herabzusetzen und
dessen inhalte zu annullieren; bei untersuchung der rechtslage
nach dem buchstaben geltenden rechts waeren neben der notwendigkeit
einer unverzueglichen entgegnung auch die gesichtspunkte der
angemessenheit in anschlag zu bringen; eine gruendliche widerlegung
ist unmoeglich ohne benennung all dessen, das um der sache willen
widerlegt werden musz
die in einigen hoelderlin-zitaten erscheinenden doppelpunkte
:: bezeichnen den in FHA 7/8 'gesänge',
stroemfeld / roter stern 2001, sowie Friedrich Hölderlin,
'hesperische Gesänge', neue bremer presse 2001, edierten
rapport der segmente
RR 'Wir sind heute [
] in den Text eingreifen.';
61 zeilen; man sei am 13./14. dezember 2001 hier in ottrott,
um fuer 'unsere Zeitschrift' eine neue form der rezension editorischer
arbeiten zu etablieren; es sei geplant, einmal jährlich
eine solche 'Unternehmung zu riskieren'; eroeffnet werde diese
art, 'sich kolloquial und mündlich mit bedeutenden Editionen
zu beschäftigen' mit den mitte 2001 erschienenen baenden
FHA 7/8; nach dem bericht ueber die lektuere des einleitungsbandes
von 1975 'Ich war siebzehn
' wird die edition
als 'Motivationsmittel' gewuerdigt, sich 'selber mit Editionen
zu beschäftigen'; schon deswegen, weil 'man eine solche
Ausgabe machen kann, und man wird trotzdem nicht ans Kreuz genagelt';
auf diese entgleisung folgt sogleich eine weitere: 'Neben dieser
Ermutigung gab es auch eine Bestärkung darin, daß
es sinnvoll ist und so ist es jedenfalls programmatisch
immer vorgetragen worden, und ich habe mir das zu eigen gemacht
, die Traditionen, die wir bewohnen und die auf uns gekommen
sind, so durchsichtig zu machen, daß wir begreifen, worin
wir uns geistig aufhalten.'; im vergleich zwischen FHA und etwa
einer 'Taschenbuchausgabe der Beißnerschen Edition' wurde
ihm deutlich, 'was ein Wissenschaftsapparat mit einer Überlieferung
macht, wenn er als Filter funktioniert'; 'Witzigerweise' ist
ihm das 'nicht an der Handschrift aufgestoßen, sondern
an der Diskussion um den von Beißner hinzugefügten
Punkt im Gedicht 'Der Winkel von Hahrdt''
WG 'Mir erging es ähnlich [
] zu Unrecht
ergänzt worden war.'; 9 zeilen; war bei 'der berühmten
Züricher Veranstaltung mit Wolfgang Binder, D. E. Sattler,
KD Wolff' anwesend und kommt sofort auf den punkt: 'für
uns und die Leute, die dann auch in die Editionswissenschaft
gegangen sind' war es wichtig, und zwar 'jenseits der Frage,
ob sie nun besser als die 'Stuttgarter Ausgabe' ist oder nicht',
dasz mit der 'neuen Hölderlin-Ausgabe etwas Ideologie- oder
Institutionskritisches passiert war'; immerhin hätte 'der
Abdruck von 'Der Winkel von Hahrdt'' im einleitungsband 'drei
Druckfehler' gehabt
1 WAS WEM WICHTIG WAR
also ging es crethi und plethi weniger um die wissenschaft, der
sie zuliefen, und schon gar nicht um einen ihrer gegenstaende
2 FEHLER
der einleitungsband wurde von k d wolff gesetzt; die stehengebliebenen
druckfehler fuehrten zur beteiligung von wolfram groddeck und
aller spaeteren mitarbeiter und mitherausgeber, andere unzulaenglichkeiten
zur aenderung des editorischen modells; in diesem sinn sind fehler
und irrtuemer nicht einfach falsch und nur bedingt merkmal fuer
wertungen wie 'besser' oder 'schlechter'; hoelderlins uebertragungen
des pindar und sophokles zum beispiel uebertreffen alle schulmaeszigen
uebersetzungen, obwohl sie der pedantischen elle nicht genuegen;
in wissenschaftlichen publikationen haben fehler selbstredend
keine dichterische qualitaet; sie erweisen sich stets als positionen
auf der aller wissenschaft eingeschriebenen, nirgendwo gerade
verlaufenden perfektibilitaetslinie; es hat der sache nur genuetzt
und in nichts geschadet, dasz der von friedrich beiszner nicht
edierte satz auf seite 74 des homburger foliohefts von mir als
'Der Rosse Leib war der Geist' entziffert wurde; die fehllesung
verschwand in der arbeit, die sie in gang setzte und verlor in
dieser funktion alle negative qualitaet
3 SZIENTIFISCHE VOLLENDUNGSLUEGE
dasz fehlerfreiheit ein ideal bleibt, mueszte jeder aus erfahrung
wissen; dies gilt auch fuer wolfram groddeck als korrektor des
ersterschienenen textbandes FHA 6 'Elegien und Epigramme';
im uebrigen ist das gestoerte verhaeltnis zum eigenen uneingestandenen,
bei anderen angeprangerten fehler kennzeichen einer geisteswissenschaft,
welche noch immer die szientifische vollendungsluege aufrechterhaelt;
zu ihr hat hoelderlin schon 1795, in seinem philosophischen fragment
'Hermokrates an Cephalus', das noetige gesagt (vide 'Text. Kritische
Beiträge' 3, p 124)
GM 'Das Institutionskritische [
] sehr
intensiv diskutiert.'; 19 zeilen; referiert das verfahren der
FHA von der 'Textüberlieferung, bis hin zur Textkonstitution',
und dasz dieser 'Prozeß' diametral dem endgueltigen, fertigen
entgegen liefe, 'was bisher von den Editionen erwartet wurde';
benennt als faszinosum, dasz man hier stattdessen 'als Leser
in den Prozeß der Textentstehung und Textfindung mit hineingerissen'
wurde; bei hoederlin habe dies 'eine eminent wichtige Bedeutung',
weil 'sehr viele seiner Texte [
] Bruchstücke geblieben'
seien; ihn habe aber schon 'bei den ersten Präsentationen
der 'Frankfurter Hölderlin-Ausgabe' der vierte Schritt gestört,
gerade bei Bruchstücken einen fertigen, 'konstituierten
Text vorzuschlagen'; darueber haetten sie 'mit dem Herausgeber
Sattler sehr intensiv diskutiert'; der nicht genannte ist der
herausgeber und editionstheoretiker hans zeller, fribourg
4 KONSTITUIERTER TEXT
wenn die paraphrase 'Prozeß der Textentstehung und Textfindung'
den werkprozesz auf seite des dichters bezeichnet, steht ihm
die textkonstitution als dessen rezeptiver nachvollzug gegenueber;
fuer diese dritte darstellungsform wurde im editorischen modell
der FHA der begriff 'lineare textdarstellung' gepraegt; diese
schien mir ueberall dort notwendig, wo sich der letztintendierte
text nicht aus reinschriften, reinschriftaehnlichen manuskripten
oder aus sekundaerueberlieferungen ergab (wobei letztere ohnehin
eines anderen textkritischen instrumentariums beduerfen); mithin
ist der im vierten schritt gebotene konstituierte text ergebnis
der linearen textdarstellung und schon aus dieser wenn
auch mit groeszerer muehe ablesbar; der von gunter martens
erhobene einwand gegen den konstituierten text mueszte demnach
auch jene editorische analyse erfassen, auf der er beruht; insofern
schien er mir abwegig; zu diskutieren waere allerdings, ob historisch-kritische
ausgaben als basis von leseausgaben schon deren desiderate uebernehmen
sollten; ich persoenlich bin waehrend meiner annaehernd dreiszigjaehrigen
editionsarbeit zu der einsicht gelangt, dasz die maximen beider
editionsformen nicht vermischt werden sollten; aus diesem grund
habe ich den baenden 7/8 'gesänge' als erstem versuch
einer sowohl chronologischen als auch semantisch kohaerenten
darstellung des unter dem titel 'gesänge' zu subsumierenden
materials die 'hesperischen Gesänge' als resultat
jener editorischen anstrengung gegenuebergestellt
5 BRUCHSTUECK TEXT SEGMENT FRAGMENT
unter dem titel 'Bruchstücke' edierte friedrich beiszner
von ihm nicht zuzuordnende textsegmente, wobei mit dem begriff
auch das verfahren unerklaert blieb, nach welchem 92 'Pläne
und Bruchstücke' verschiedenster form und herkunft im textband
geboten wurden und eine nicht gezaehlte menge gleichartiger segmente
im lesartenband verschwand; gunter martens dehnt nun offenbar
den begriff des bruchstueckhaften oder der bruchstuecke auf alle
werkkonzepte, werkvorstufen und abbrechende werkentwuerfe, mithin
auf alles unfertige aus; er bestaetigt damit mittelbar den warencharakter
dessen, was gemeinhin 'text' genannt wird; der unterschied zwischen
jenem und dem geschriebenen besteht wohl darin, dasz in diesem
die prozessualen momente manifest, im 'text' hingegen geloescht
sind; demnach waere 'text' das edierte oder redigierte ergebnis
einer jeden niederschrift, unabhaengig von ihrem umfang und ihrer
form; ebenso ist der begriff 'Bruchstück' von dem des fragments
oder segments abzugrenzen; schon dem namen nach ist bruchstueck
teil von etwas, das einst ein ganzes war, doch dann zerbrach;
segment dagegen heiszt ein teil von etwas, das schon als ganzes
da ist oder dieses ganze werden soll; als fragment ist ein abbrechendes
oder unvollstaendig ueberliefertes werk zu bezeichnen; fuer den
begriff bruchstueck sehe ich im editorischen bereich keine verwendung
6 PHAENOMENOLOGISIERUNG DER TEXTFORMEN
in den baenden 1-6 und 9-17 waren also plaene, konzepte, entwuerfe,
reinschriften, ueberarbeitungen, abschriften, durch setzergewohnheit
und druckfehler entstellte sowie von fremder hand redigierte
drucke zu edieren, nirgendwo jedoch der text von 'Bruchstücken'
vorzuschlagen; insofern waere gunter martens' einwand allenfalls
auf den einleitungsband von 1975 oder auf die in einer spaeteren
phase der gespraechsrezension diskutierte editionsform der baende
7/8 zu beziehen; aber auch in seinen frueheren versionen abstrahierte
er in meinen augen von den bedingungen des 1976 vorgelegten editorischen
modells; in diesem steht der konstituierte text in einer reihe
von begrifflich neu bestimmten textformen; bei reinschriften,
reinschriftaehnlichen handschriften und drucken erscheinen die
rubriken 'unemendierter text' und 'emendierter text', bei redigierten
drucken oder abschriften die rubrik 'differenzierter text'; nicht
einzusehen war, warum bei dieser editorischen phaenomenologisierung
der textformen ausgerechnet der 'konstituierte text' ausgespart
bleiben sollte
7 MEHRDIMENSIONALES MODELL
diese ihrem modell nach vollstaendige historisch-kritische ausgabe
bietet die abbildung und die typographisch differenzierte umschrift
der ueberlieferten manuskripte, und, in anlehnung an die praxis
aller serioesen textkritischen editionen, abweichungskataloge
zu den lesarten der vorangehenden stuttgarter ausgabe; danach,
auf der grundlage dieser dokumentierenden darstellung, die editorische
darstellung des ueberlieferten materials als lineare textdarstellung
oder in varianten- und emendationskatalogen und die ergebnisse
jener editorischen analyse in form der oben genannten textrubriken,
an deren stelle in den baenden 7/8 'gesänge' der 'kumulative
text' tritt; vide 11; deswegen scheint mir gunter martens' einwand,
auch in seiner puristischen form, nicht relevant; der darstellungsform
'text' stehen ja die drei vorausgehenden und miteinander kommunizierenden
editionsstufen gleichberechtigt gegenueber; anders als etwa in
friedrich beiszners zweidimensionaler, 'Lesarten' und 'Text'
bietender stuttgarter ausgabe oder in juengeren, zu bloszer dokumentation
tendierenden, oder dokumentierende und analytische textdarstellung
verquickenden editionen ist hier die kategorie 'text' legitimiert
durch ihre systematische, schritt fuer schritt ueberpruefbare
vorbereitung
- fortsetzung -
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