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TYPOGRAPHIE UND ARCHITEKTUR
Für Eckhard Gerber

Architektur und Typographie werden hier äquivalent behandelt. Während die Typographie zumeist nur den schematischen Rahmen für Text und Bild abzustecken hat und nur in seltenen Ausnahmen als  e t w a s  f ü r  s i c h  in den Vordergrund tritt, erscheint sie hier als andere, streng zweidimensionale Architektur. Zwar sind auch hier, schon durch das Format und das Raster des typographischen Maßsystems, einige Konstanten festgelegt, doch innerhalb dieses funktional begrenzten Netzes geraten die sonst starren Textkolumnen in Bewegung. Was woanders nur Spiel oder gegentextliche Selbstherrlichkeit wäre, welche den Text nicht mehr als Zweck, sondern, in genauer Verkehrung des ursprünglichen Verhältnisses, nur noch als Mittel der Selbstdarstellung gebraucht – diese beweglichere und freie Behandlung der Typographie erscheint an dieser besonderen Stelle als funktional. Wie sonst die Architektur neuen Realitäten Raum schafft, diesmal hier die Typographie der Architektur. Zwei verschwisterte Künste dienen sich gegenseitig. Der freie, nach wie vor lesbare Schriftsatz spiegelt das architektonische Grundaxiom: die Verbindung von pragmatischem Zweck und künstlerischer Idee. Er demonstriert damit, auf anderer Ebene, sowohl das didaktische Konzept der hier entwickelten Gestaltlehre als auch die Grundidee der gewählten Beispiele – ihre Signatur. Gerade weil hier einmal die engen Schranken, in denen die Typographie sich bisher legal bewegen durfte, durchbrochen sind, weil sie den zweckhaften Block verläßt und in kühneren, zuweilen irritierenden inkommensurablen Bewegungen den zugewiesenen Raum durcheilt, sich selbst zu durchkreuzen scheint, bewirkt sie dasselbe bei andren: befreit, löst die Befangenheit, die verborgene Angst vor dem Neuen, Unbekannten, ist, in elementarer Weise, ästhetische Vorschule. Denn wie der Lesende lernt, die eingeübten Bahnen, das Gewohnheitsmäßige zu verlassen, lernt er es für sich selbst, wiederum zum Nutzen andrer. Der im Normalen verborgenen Willkür ist, täglich aufs Neue, zu entrinnen; doch das will geübt sein. Welchen Zwang das Normale ausübt, zeigt exemplarisch jeder neue Raum, der durch konzeptionell neue Figurationen entsteht. Freie Formen bilden zugleich auch freie Räume. Nicht umsonst verweigert sich alles Lyrische dem Block, Sinnbild der totalen Rationalität, die, in ihrer Totalität, tödlich ist, mithin auch ans Unvernünftige, in gefährlichstem Sinn ans Irrationale grenzt. Eben weil der Block die elementare Grundfigur der Typographie wie auch der Architektur ist, darf keine von beiden bei ihm stehen bleiben. Er kontrastiert, als Prinzip, der Natur …