/ d e sattler -
entwuerfe publikationen / ungedruckte aufsaetze und
vortraege /
mythische analyse II
ÜBER TRAGISCHE IDENTIFIKATION
hölderlin und aias
nicht bis zum ende ausgearbeiteter vortrag im tübinger stift
(um 1990)
vor neun jahren habe ich in turin über das nichtige zweier
zwar damals schon abgegriffener, gleichwohl noch regulär
in umlauf befindlicher münzen gesprochen, über die
begriffe mythos und utopie, und habe mit anderen worten klarzumachen
versucht, daß das zeitgemäße, das der dichter,
als dessen werber ich immer noch auftrete, in den anmerkungen
zu antigonä als jenes zeitmatte bezeichnet, das seiner schwäche
wegen der reißenden tendenz des zeitgeists am haltlosesten
folge, in verbindung mit diesem werk nur kritisch zur sprache
gebracht werden könne, als eine vom falschen infizierte
realität, in deren untiefe die verleugnete wahrheit in tragischem
zorn vom drachengeist sich scheidet, der, zur zeit der intellektuellen
wüste, an ihrer statt die herrschaft innehat
I
im ersten überlieferten entwurf zum Hyperion, dem kallias-brief
vom mai 1792, sieht sich der eben geborene held, auf sich zurückgeworfen,
allein in einem zimmer des tübinger stifts; erschöpft
von süßen fantasien um eine unerreichbare holde gestalt
(die übrigens ebendiesen und überdies vorbedeutenden
namen glycera trägt), schlägt er den homer auf
und trifft zufällig auf die episode von odysseus und diomedes,
die nachts unter den schlafenden feinden wüten, deren rosse
rauben, wie sie, voller siegesfreude nach dem ungeheuren wagestück,
von den waffenbrüdern begrüßt werden, wie sie
den schweiß und wohl auch das blut im meere abwaschen,
um schließlich, gebadet und gesalbt, der schutzgöttin
athene ihr kindliches opfer zu bringen; so extrem wie das gewählte
beispiel, das den angehenden theologen aus der erotischen fantasmagorie
in die aressphäre der ilias reißt, ist auch seine
reaktion:
Diß war auch
dir bereitet, rief's mir zu, u. ich hätte mein glühendes
Gesicht in der Erde bergen mögen, so gewaltig ergriff mich
die Schaam vor den unsern u. Homeros Helden! Ich bin nun entschlossen,
es koste was es wolle.
sechs tage später,
nun sichtlich abgekühlt, setzt der junge dichter eine selbstkritische
nachschrift hinzu:
Du müßtest
sehn, wie ich der ernsten Mahnung meines Herzens gar künstlich
fröliche Farben aufzwang, um sie mir erträglicher zu
machen, u. sie wie einen guten Einfall belächeln, u. vergessen
zu können.
II
die zeitgeschichtliche kulisse, der biographische hintergrund
dieses kühn inszenierten widerstreits, ist, dank der eigenhändigen
datierung des blatts, genau zu bestimmen; wenige wochen zuvor
hatten, mit der kriegserklärung der jungen republik frankreich
an österreich, die revolutionkriege begonnen; drei tage
vor der ersten niederschrift hatte das herzogspaar das stift
besucht, die stipendiaten scharf durchgezogen, wie es in einem
brief leo von seckendorfs heißt; und hölderlin hatte
sich in die stuttgarter verlobte eines nach paris gegangenen
patrioten ebenso hoffnunglos hineingeträumt wie in die heldentaten
auf räumlich wie zeitlich weit entfernten schlachtgefilden
III
friedrich beißner hat den erst in den vierziger jahren
aufgetauchten entwurf (wie das herrliche hexametrische fragment
An den Früling, das, auf gleichem papier, in gleicher orthographie
und gleichem duktus notiert, um die gleiche zeit entstanden ist)
in die nachtübingische zeit datiert und bis zuletzt jeden
zusammenhang mit den hyperion-entwürfen ausgeschlossen;
nicht über dem, sondern im tragischen verhältnis der
wissenschaft stehend, mußte er auf der unumstößlichkeit
des einmal festgesetzten beharren; aber wer verhältnisse
ändern will, muß etwas von der kunst des änderns
verstehen; wer fremde vorurteile auflösen will, müßte
zuvor gelernt haben, da, wo es nötig ist, die eigenen fehlurteile
zu widerrufen; wenn eines tages eine phänomenologie des
gelehrtengeistes geschrieben würde, müßte vom
unkünstlerischen die rede sein, von der unfähigkeit
zur palinodie; deswegen jene blindheit für dichterische
prozesse, die, hölderlins definition gemäß, in
entgegensetzungen fortschreiten und dennoch, gegen das angewandte
kontradiktorische verfahren, das einige und vereinigende, die
durchgängige bedeutung, niemals verleugnen; in der fähigkeit
hierzu unterscheidet sich das dichterische vom undichterischen
denken
IV
zeichnen wir die kontradiktorische bewegung nach, die mit jener
kostbaren ersten seite des Hyperion, in den farben der morgenröte,
beginnt
Ich schlummerte,
mein Kallias! Und mein Schlummer war süß. Holde Dämmerung
lag über meinem Geiste, wie über den Seelen in Platons
Vorelysium. Aber der Genius von Monia (eine vielbedeutende verschreibung,
statt Mäonia) hat mich gewekt. Halbzürnend trat er
vor mich, u. mein Innerstes bebte wieder von seinem Aufruf.
so die erste, sofort
ausgestaltete exposition
In süßer
Trunkenheit lag ich am Ufer unsers Archipelagus, u. mein Auge
waidete sich an ihm, wie er so freundlich und still mir zulächelte,
u. der rosenfarbne Nebel über ihm wolmeinend die Ferne verbarg,
wo du lebst, und weiterhin unsre Helden. So sanft und süß,
wie die schmeichelnde Hand meiner Glycera, regte sich die frische
Morgenluft an meiner Wange. Ich spielt in kindlichen Träumen
mit dem holden Geschöpfe. // Erschöpft von gühenden
Phantasien, grif ich endlich zu meinem Homer.
danach der nächtliche
exzess, das mörderische wüten im lager des feinds,
das ebenso an den tag, in die wirklichkeit drängt wie die
objektlose liebe
V
in die realität des romans, der jenen beiden widerstreitenden
potentialen so lange raum gibt, bis sich der vom widerstreit
zerrissene, der wirklich liebende und wirklich kämpfende
hyperion in den in griechenland irrenden eremiten verwandelt
haben wird; daran ändert sich nichts, obwohl sich alles
im reißenden prozeß des lebens, der historischen
zeit und des entstehenden kunstwerks verändert, in entschiedenen
inversionen ebenso wie in sublimer verwandlung; was der kallias-brief
am schluß antizipiert, ein kritisches bewußtsein
nach und über aller erfahrung, steht in der endgültigen
fassung des buchs am beginn: in geognostischer metapher am ort
des denkens; wie der dialektische versöhnungsengel der apokalypse;
weder auf festem land noch auf dem ungebundnen boden des meers;
auf dem imaginären isthmos, zu welchem der mysterienruf
der elegie Brod und Wein ein zweites mal in den zeitsturm oder
die geiststille ruft
VI
in gleicher weise wird das adoleszente schwanken zwischen zärtlichkeit
und zorn, jenes vorläufige, vor dem weltlauf unvernünftige
wechselbad der gefühle, über das sich die vernunft
ernüchternd mokiert, in der reflexion späterer jahre
zur poetologischen triade, zum in gegensätzen fortschreitenden
wechsel der töne: wie hier, vom naiven zum heroischen, vom
heroischen zum idealischen ton
VII
die hier protokollierte situation korreliert einer dreifachen
repression, die für das tübinger stift während
der französischen revolution doppelt empfunden werden mußte
einer repression in moralischer, politischer und religiöser
hinsicht; ihr stellt sich der kallias-brief, mit offener brust
gewissermaßen, entgegen, wobei ein gegen schluß eingeschobenes
rousseau-zitat die stelle des unverrücklich festen standpunkts,
des schriftsworts, vertritt; doch täuschen wir uns nicht;
die protokollierte situation ist zwar eine allgemeine, doch keine
gemeinschaftliche; die verbrüderungen entstehen auf andere
weise, folgen einer anderen mechanik; das wir, das sie erzeugen,
kann die elementare situation des alleinseins nur temporär
und partiell überdecken
VIII
andererseits will und kann das jugendliche subjekt, das, in der
besonderen situation des stifts, genötigt und durch das
aufgestaute und zu relativer passivität verurteilte vermögen,
auch in der lage ist, sich eine ganze welt zu erfinden, nicht
bei den tagträumen stehen bleiben; denn sobald die wolke
des ixion, die wiederliebende wunschgestalt, verschwindet, die
hier glycera heißt, fällt es in die angeborene einsamkeit
zurück und muß, wenn es, in seiner nun doppelt empfundenen
objektlosigkeit, nicht an sich selbst verzweifeln will, nach
einem anderen ausweg suchen; der hyperion des kallias-briefs
schlägt ein buch auf und trifft zufällig, wie es ausdrücklich
heißt, auf eine gemeinschaftliche tat, die im fremden lager
entsetzen und jammer, im eignen hingegen jubel und siegesfreude
auslöst; das gehälftete ich, das nach seiner anderen
hälfte vergeblich seufzt, sie vergeblich sich vorstellt,
sie bisher vergeblich in der wirklichen welt zu finden suchte,
schlägt sich, anders übrigens als homer, auf eine seite
des widerstreits zwischen menschen und göttern, ergreift
entschieden partei und fällt, indem es sich gefallen läßt,
im rutenbündel, das sich einbildet die axt zu führen,
eine abgehauene rute unter vielen zu sein, genau in das andere
extrem; es ist die begeisterung einer bewegung, die, nach den
parteiischen exzessen der geschichte, in eisen gelegt werden
sollte, und seis nur in ironische anführungszeichen, die
zur tatlosigkeit verurteilte jünglinge allzuleicht mit sich
reißt; mitreißend war aber wirklich, was jenseits
der grenzen geschah, von ferne wahrnehmbar im rosafarbnen morgennebel
des tübinger stifts
IX
der dioskurentraum; an der seite eines freundes dem unrecht entgegentreten
und die feinde der menschlichkeit, eines wie die sonne aufsteigenden
neuen bewußtseins, niederwerfen; genau dieser entscheidungskampf
scheint vor ihren augen begonnen zu haben und wahrhaft wunderbar
antizipiert zufällig, wie sich jetzt zeigt, die nach art
der stichomantie aufgeschlagene homerstelle, was in kürze
geschehen würde; das nächtliche morden im thrazischen
lager, unter den zur hilfe geeilten verbündeten trojas,
meint zunächst nur die niederlage des ersten koalitionsheers,
das gegen frankreich marschiert; in den septembermorden und mit
der enthauptung des bourbonenkönigs im darauf folgenden
winter zeigt sich jedoch das vorhergesagte mit jener überraschenden
genauigkeit, die zum wesen des mantischen worts gehört,
das hinterrücks eintrifft, als widerlegung der deutendenden
vernunft, die sich, wie stets, das falsche eingebildet und zusammengereimt
hatte; die in hölderlins manuskripten einmalige und vermutlich
nachträgliche datierung enthält, zur chiffre verkürzt,
das erstaunen über das hier erstmals wahrgenommene:
Bei Ilion aber /
War auch das Licht der Adler.
X
nämlich das johanneische der weissagung, das, wie es im
schluß des entwurfs Das Nächste Beste zwölf und
mehr jahre später heißt, ebenso unser ist, wie der
geist der Erkenntniß oder der geist der entscheidung; unter
diesem zeichen steht der hyperion von anfang an; sein über
sechs jahre sich hinziehender entstehungsprozess ist, dieser
ersten konstellation gemäß, die sukzessive erfüllung
jenes stichomantischen orakels, das parallel geführte protokoll
der auf dieses weise biographisch wie historisch eintretenden
wirklichkeit und, in vereinigung der verschiedenen, quasi kaleidoskopisch
auf jedem punkt dieses prozessualen verlaufs anders ausfallenden
bilder, stimmungen und erwartungen, ein immer ähnlicher
werdendes selbstbildnis des dichters als junger mann
XI
ähnlich wird ein bildnis durch die korrektur von verzeichnungen;
die ähnlichkeit jedoch, von der hier die rede ist, spiegelt
kein spiegel vor; zunächst spiegelt sich in den immer neuen
versuchen, sich selbst zu treffen, die schwierigkeit der selbsterkenntnis
und die ungelöste frage, wie das ich, das im spiegel nichts
von sich erfährt, sich dennoch selbst betrachten könne;
das protokoll des kallias-briefs beschreibt mit größter
präzion die mechanik dieses dreifachen versuchs und seine
vorläufigen, das heißt noch schemenhaften oder fehlerhaften
ergebnisse; die süße wolke glycera verhüllt das
tragischschöne bild diotimas, das, in der gestalt susette
gontards, real in das leben des identifikatorischen romans eintritt
und auf mantische weise aus diesem verschwindet, bevor es tatsächlich
geschieht; vom klugen ulysses und dem wilden diomedes gleitet
die identifikatorische absicht gleichsam ab; das sich selbst
suchende bewußtsein erkennt an ihnen nur die differenz
und faßt den im voraus vergeblichen entschluß, jenen
auf irgendeine weise zu gleichen; das rousseau-zitat schließlich
füllt provisorisch die lücke der an dieser stelle erst
beginnenden poetologischen reflexion:
Ihr Brief verrät
Sie durch ihren munteren Stil, auch hätten Sie nicht soviel
Geist, wenn sie weniger ruhig wären.
XII
wenn hölderlin anfang 1801 auf dem entwurf des in hauptwil
konzipierten, programmatisch Deutscher Gesang überschrieben
gesangs notiert:
Je mehr Äußerung,
desto stiller / Je stiller, desto mehr Äußerung
oder noch später,
nur wenige Schritte vom Stift entfernt, im Tübinger Turm
niederlegt:
Je mehr ist eins
unsichtbar, schiket es sich in Fremdes
ist die dialektische
reflexion der mittleren jahre wieder zu den einfachen einsichten
des anfangs zurückgekehrt
XIII
von den septembermorden und der enthauptung des königs bis
zur hinrichtung dantons vergeht nicht viel mehr als ein jahr;
die klare linie, die freund und feind trennte, ist inkommensurabel,
das wort von unseren helden am jenseitigen ufer brüchig
geworden; eine pauschale identifikation mit den griechischen
fürsten, als metaphern für die jakobinischen führer
des konvents, ist nicht mehr möglich; das pathetische wir
des revolutionären aufbruchs trägt nicht mehr; schon
gegen ende der tübinger zeit, im juli 1793, spricht hölderlin
von Volksschändern denen die heiligen Nemesis (
) zu
seiner Zeit den Lohn ihrer niedrigen Ränke und unmenschlichen
entwürfe angedeihen lassen würde; dementsprechend war
die zufällig, gleichwohl in identifikatorischer absicht
gewählte ulysses- und diomedes-metapher nicht nur zu widerrufen
(wie dies im zitierten brief an den bruder, nach außen
kaum wahrnehmbar, längst schon geschehen ist), sondern,
nach diesem durch die geschichte offenbar gewordenen fehlgriff,
durch eine andere, dem betrachtenden subjekt gemäßere
gestalt
XIV
gründlich gewarnt, wird er sich kein zweites mal auf die
seite der sieger schlagen; nachdem das verstanden ist, wird eine
andere, den wechsel von freunden, anschauungen und vorbildern
betreffende mitteilung tiefer verständlich; sie steht in
einem brief, den hölderlin im april 1794, aus waltershausen,
an neuffer richtete:
Es ist sonderbar;
ich habe, seit wir uns fanden, so manche Metamorphose in meinem
Innern erlitten, so manches, woran ich mit all' meiner Liebe
hieng, Ideen und Individuen, die mich damals über alles
interessirten, haben ihre Bedeutung für mich verloren, neue
Individuen, neue Ideen rissen mich hin
der wechsel in den
äußeren beziehungen (wie er sich, um ein beispiel
zu nennen, in der von neuffer eifersüchtig beobachteten
hinwendung zu hegel und schelling vollzogen hatte) ist hier schon
als der äußere abdruck einer im innern erlittenen
metamorphose begriffen; nachdem das spiegelbild des leidend sich
verwandelnden ichs jene metamorphose nur andeutend widergibt,
in kaum wahrnehmbaren spuren jener tragischen veränderung,
kann die jeweils neue ichgestalt nur in den verwandten subjekten
vorgestellt, erfahren und erkannt werden, die das verwandelte
ich in identifikatorischer absicht sich auswählt
XV
im Fragment von Hyperion, das im herbst 1794 in schillers Neuer
Thalia erschien, dessen materialien jedoch aus dem letzten stiftsjahr
stammen dürften, kehrt das nun nicht mehr zufällig
aufgeschlagene buch wieder; die ursprüngliche konstellation
ist noch, wie sie war, doch die chiffren, in denen sie sich darstellt,
sind, in kontradiktorischer weise, verwandelt; nicht die epische,
die tragische mythe ist jetzt gegenstand des vergleichs; nicht
griechische fürsten auf der tagesseite der macht, die in
orgiastischer nacht unter den schläfern des feindlichen
lagers wüten und umjubelt zurückkehren, sondern der
von denselben helden betrogene, nun von allen angefeindete, verhöhnte
aias, der, von der vernunftsgöttin des odysseus mit wahnsinn
geschlagen, in einer anderen nacht ins eigene lager eingefallen
war und statt der ungerechten herren des heers ihre herden niedergemetzelt,
gefangengenommen und ausgepeitscht hatte
XVI
an die stelle des süßen traumgeschöpfs glycera
ist die idealische, insgeheim immer noch homonynme melite getreten,
vor deren wunschloser stille der liebende hyperion, vor sich
selbst und schließlich auch vor ihr, züge eines gewaltverbrechers
annimmt; er erfährt nichts weiter, als daß sie den
tag über allein im haus zurückgeblieben sei; das genügt
für einen einsamen exzess:
Alle meine niedergedrükten
Wünsche erwachten wieder. Einen Augenblik darauf ermannt'
ich mich zwar, und sagte dem Sturm in mir, daß ich heute
gerade sie schlechterdings nicht sehen wolle, gieng aber doch
an ihrem Hause vorüber, gedankenlos zitternd, als hätt'
ich einen Mord im Sinne. Darauf zwang ich mich nach Hause, schloß
die Thüre ab, warf die Kleider von mir, schlug mir, nachdem
meine Wahl ziemlich lange gezögert hatte, den Ajax Mastigophoros
auf, und sah hinein. Aber nicht eine Sylbe nahm mein Geist in
sich auf. Wo ich hinsah, war ihr Bild. Jeder Fußtritt störte
mich auf. Unwillkührlich, ohne Sinn sagt' ich abgerissene
Reden vor mich hin, die ich aus ihrem Mund gehört hatte.
Oft strekt ich die Arme nach ihr aus, oft floh ich, wenn sie
mir erschien. / Endlich ergrimmt ich über meinen Wahnsinn,
und sann mit Ernst darauf, es von Grund aus zu vertilgen, dieses
tödtende Sehnen. Aber mein Geist versagte mir den Dienst.
Dafür schien es, als drängten sich falsche Dämonen
mir auf, und böten mir Zaubertränke dar, mich vollends
zu verderben mit ihren höllischen Arzneien. / Ermattet von
dem wüthenden Kampfe sank ich endlich nieder.
XVII
das ich, auf sich selbst zurückgewiesen, seines werts verlustig,
wie der einfache, große aias, dem die täuschung sich
aufgelöst hat, und der ohne die gesellschaftliche täuschung
nicht einen augenblick länger in jenem täuschenden
zusammenhang, der welt heißt, als vernünftiger, nützlicher
weiterleben kann; freisetzung also verbotener, deshalb ins ungemessene
potenzierter wünsche, aus scham gewissermaßen, wie
ixion einer wolke beiliegen zu müssen, die, mit nichts und
aus sich selbst heraus, eine wolke von genies und halbgenies
erzeugt; das tübinger stift in seiner repressiven frühzeit
wäre der statistische beweis
XVIII
was hölderlin aus jenen heraushebt, ist der forschende blick
auf das phänomen und die ihm innewohnende mechanik; auf
die situation selbst, auf die einsamkeit, die immer nur zum schein
sich aufzulösen scheint; er machte ihn untauglich für
bloße kompensation durch hervortreten und sich zeigen in
der öffentlichkeit; zwar korreliert auch hier, und weitaus
ausgeprägter als bei anderen, ruhmdurst der scham, doch
bleibt es nicht bei jener affektbedingten duale; es ist das prekäre
verhältnis des zwischen selbstherrlichkeit und zerknirschung
schwankenden subjekts zu seinem objekt, das ihm keineswegs gleichbleibend
begegnet, sondern mit peitsch und zügel, antreibend oder
hemmend, zur freien disposition des subjekts oder dieses disponierend;
die wolke auflösen wollte sie damals, das trugbild des zeus,
welches das begehrende, leicht zu täuschende ich umfängt;
auf der suche nach klarheit gingen sie am dreiweg auseinander:
schelling nach der einen, hegel nach der anderen seite; hölderlin
dagegen war schon auf dem weg, bevor die anderen begannen; er
brauchte nur weiterzugehen, wohin er seinem größeren
schicksal nach propädeutisch mußte
fortsetzung
daß der Eremit in Griechenland, wie auch die insel salamis,
auf die er sich zurückzog, figur des letzten aias-zustands
ist, wie dann auch die umschreibung an Schläfen Saußen
in Mnemosyne / Die Nymphe umschreibung des eigenen; schließlich
in den drei aias-segmenten das identifikatorische sprechen mit
dessen stimme; dazu die lakonische tekmessas und die bacchisch
trauernde des chors
|