/ d e sattler -
entwuerfe publikationen / privateditionen
und neue bremer presse /
THESEN ZUR STAATENLOSIGKEIT
Es werde von Grund
aus anders!
Hyperion
Ursprung der Loyoté
Eunomia,
kasignetai te, ba-
qron poliwn, asfalhV dika
kai omotropoV eirana, tamiai
andrasi ploutou, cruseai
paideV euboulou QemitoV.
Homburger folioheft,
abschrift aus Pindars XIII. olympischer hymne
Rechtlichkeit geschwistert
auch ein
grund der städte unumstößliches recht
und gleichgeartet frieden bewahren
menschen den reichtum goldene
kinder der ordnungsliebenden Themis.
Erste these
Wir sind in einen
staat verschlagen und sollten ihn verlassen sobald
wir dazu fähig sind.
Nicht nur von geburt sondern
nach jeder eroberung grenzverschiebung aufs
neue nach jedem regierungswechsel nach jeder änderung
der staatsverfassung durch welche sich auch die forderungen
des staats an seine bürger verändern. Unter 'fähig'
verstehe ich urteilsfähig.
Zweite these
Die staatsbürgerschaft
erhält ihren eigentümlichen wert erst dadurch daß
sie der gegenstand einer freiwilligen entscheidung wird. So wie
der staat mißliebigen fremden die staatsbürgerschaft
verweigert hat auch der bürger das recht die
staatsbürgerschaft von sich zu weisen wenn ihm
der staat mißfällt.
Ob es eine lautere
entscheidung für e i n e n staat
überhaupt gibt so wie wir uns aus innerer notwendigkeit
oder liebe für e i n e n menschen
entscheiden ist sehr die frage. Die zweideutige rede
vom 'eigentümlichen wert' der staatsbürgerschaft wegen
des hier vernachlässigten prinzips der gleichheit und auf
den zuruf der urteilskraft die kategorisch gebietet nichts
ungerechtes hinzunehmen.
Dritte these
Jeder einzelne
kann sich leicht über sein verhältnis zum staat klar
werden. Die frage lautet ob er sein leben für
dessen fortbestehen hingeben würde. Wird diese frage verneint ist
die staatsbürgerschaft nur noch eine frage der opportunität
ob es zweckmäßig sei und mit der selbstachtung
vereinbar sie weiterhin vorzutäuschen.
Wer die äußerste
zum 'Zorn der alten Staaten' gehörende zutiefst
menschenfeindliche forderung des staates hier im zuge
ihrer erörterung als überspitztes argument
beiseite schiebt tut dies aber in der zuweilen sich
als falsch erweisenden annahme daß jene anmutung
des staates an seine bürger im sogenannten ernstfall andere
beträfe. Jene gewöhnliche 'opportunität' der vortäuschung
ist mit der 'selbstachtung' des urteilsfähigen lautererweise
staatenlosen bürgers vereinbar als die klugheit sich
unter den herrschenden umständen um der besseren
sache willen zu erhalten.
Vierte these
Am fortbestehen
des staates haben immer nur diejenigen ein wirkliches interesse denen
er mehr gibt als ihnen zusteht.
Interesse wird hier
nicht als die wurzel gesellschaftlichen verhaltens verstanden dem
wort nach als reines dabeisein also nicht als teilnahme
am gemeinwesen sondern als dessen gegenteil
als seibstsüchtiges das aus der existenz eines
wie auch immer verfaßten staates seinen nutzen zieht. Ich
schäme mich daß ich 1976 jenes scheinbare im
schäbigen sinn gewöhnliche interesse als 'wirkliches'
bezeichnet habe.
Fünfte these
Verträge die
wir nicht selbst geschlossen haben und verträge die
uns übervorteilen sollten wir für nichtig
erklären.
Das gewicht liegt
auf sollten denn in der rechtsordnung der staaten
rangiert das geschriebene recht mit seinen hintertüren und
tücken selbst dort wo feindbilder propagiert
und dekretiert werden sei es Kreons begräbnisverbot
oder Honeckers schießbefehl vor dem ungeschriebenen
recht des gewissens. Was aber die staatsbürgerschaft angeht so
werden verträge darüber erst gar nicht geschlossen.
Insofern gilt für die Staatsbürger weder geschriebenes
noch ungeschriebenes recht sondern noch immer das
faustrecht der usurpatoren oder das vom Staat noch immer in anspruch
genommene unrecht der leibeigenschaft.
Sechste these
Kein staat ist
ein rechtsstaat.
Diese these widerspricht
der aus gewissen unterschieden staatlicher rechtsnormen abgeleiteten nach
dem 'Feindseeligkeitsrecht' vorgenommenen einteilung der staaten
in rechtmäßige und andere die als 'regime'
zu brandmarken sind. Daß es stufen staatlicher gewait und
infamie gibt der entwürdigung und entmündigung der
mißachtung und bevormundung ist unbestritten.
Doch rechtfertigen diese unterschiede nicht jene grob idealisierende den
notwendigen prozess der politischen zivilisierung zum stillstand
und jede kritik zum schweigen bringende bezeichnung 'rechtsstaat'.
'Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, daß
ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte.'
Siebente these
Der staat ist
die rechtsform des unrechts.
Deswegen weil
er sich das recht der rechtschöpfung und der einschränkung
ebendieser rechte zuerkennt und somit die alte grenze
vom bloßen schutz der ungeschriebenen regeln des gewissens
zur rechtswillkür hin überschritt und sich mit der
behauptung seiner rechtssouveränität an die stelle
der stillen nichtsdestoweniger maßgeblichen
instanz an die des rechtsempfindens setzte.
Achte these
Das vaterland
ist nicht mit dem territorium eines staates identisch.
Die verbrauchten
wörter des irrsals wegen das in ihnen
sich einnistete wie giftmüll oder schrott auf die halde
zu werfen mag zu zeiten nötig sein. Es erweckt
aber dieses tabuisierende verfahren den eindruck als
wären nur einzelne segmente der sprache durch mißbrauch
korrumpiert worden. Weil aber ihr körper im ganzen gewalt
leidet durch lüge und nachlässigkeit ist
es aufgabe der sprachfähigen jene abgegriffenen
begriffe zu kritisieren und die alte sprache als reine unverdächtige
zu sprechen. Dann stellt sich auch heraus daß
jene am meisten mißbrauchten die zweideutigen
wörter der größten sorgfalt bedürfen weil
sie in ihrer doppelsinnigkeit am leichtesten vereindeutigt und
herabgezogen werden konnten auf ein inferiores niveau. Dazu auf
einer seite des Homburger foliohefts: 'Daß aber uns das
Vaterland / Nicht werde zu kleinem Raum' und weil
auch das noch mißverstanden werden könnte auf
einer anderen: 'Verbotene Frucht, wie der Lorbeer, ist / Am meisten
das Vaterland. Die aber kost' / Ein jeder zulezt.'
Neunte these
Der staat ist
ebenso ein reales nichts wie die kirche. Wer etwas heilig hält braucht
die kirche nicht und wer ein vaterland liebt dazu
nicht den staat. Die anmaßung oder die unklarheit des denkens die
heiliges und kirche vaterland und staat in eins setzt ist
die gleiche.
'Reales nichts'
sind die in der wildnis der zivilisation notwendig und lieb gewordenen
konstruktionen. Für das mißbrauchte wort 'heilig'
gilt das zu 'vaterland' gesagte nur daß die vorstellung
vom vaterland in die irreale wirklichkeit der fahneneide hymnen
und paraden herabgezogen die vom heiligen an hochaltären
aufgehängt und über all der inszenierten macht und
pracht vergessen wurde daß etwas heilig halten
nicht etwas fernes verehren sondern etwas nahes schonen
heißt den quellgrund über dem ort den baumschatten
mitten im feld und es nimmt nicht wunder daß
jetzt nachdem das heilige den kirchengeruch angenommen
und sich mit diesem verflüchtigt hat in der säkularisierten
weit nichts da ist das jene leben gewährenden
wesen und kräfte vor ausbeutung und übergriff bewahrte.
Zehnte these
Nichts würde
einem land heutzutage mehr schaden als seine verteidigung. Seine
eroberung haben ohnehin nur jene zu fürchten die
zu unrecht darüber verfügen.
Unter der gegenseitig
angedrohten vernichtung aller übergeht die these die gleichsam
kleinere mit der eroberung eines landes verbundene
gefahr der ausrottung vertreibung oder entwürdigung
seiner bürger. Doch entspricht sie darin dem 1943 bei gründung
der Hölderlin-gesellschaft wohlweislich abgeänderten
satz Hölderlins daß die geharnischte Germania als
erste 'wehrlos' werden müsse. 'Zu unrecht über ein
land verfügen' meint die von allen staaten legalisierte
ungleichheit von macht und besitz.
Elfte these
Der staat als
vaterland gleicht jener falschen mutter die das kind
lieber zerschneiden als hergeben wollte.
Der rechtsfall illustriert und
die von staatswegen in kellern und kerkerhöfen und sonstwo
beseitigten die auf dem feld der ehre gemordeten bezeugen daß
der nach innen und außen gerüstete volks- oder sozialstaat
zu sein vorgibt was er nicht ist.
Zwölfte these
Staatenlosigkeit
ist die vernünftigste form der vaterlandsliebe.
Gegen diesen satz
hätte ein leser des Phaidros einzuwenden daß
die verknüpfung von vernunft und liebe eine nicht ungefährliche
beleidigung der liebe darstellt und deshalb aus diesem
und anderen von Sokrates vorgebrachten gründen selbst
wieder sehr unvernünftig ist. Ich müßte ihm dann
beibiegen daß nach allem was war von
der vaterlandsliebe und den mit ihr verknüpften vaterlandspflichten
nicht anders als ein wenig ironisch zu sprechen ist.
Dreizehnte these
In jedem staat
verhalten sich die bürger zu den staatsbeamten wie eingeborne
zu kolonialoffizieren.
Aus dem im beamtenrecht
verankerten durch einige wenn auch geringfügige privilegien
belohnten treuegelöbnis der staatsdiener folgt ebenso überraschend
wie unwiderleglich die freiheit aller übrigen nicht
derart in die pflicht genommenen bürger und nebenbei aus
dieser die bekannte haltung der beamtenschaft diesen gegenüber die
als sozusagen wild im lande hausende auch ohne vertrag und zulage
mit einigem nötigenfalls in zwang übergehenden
nachdruck zu mindestens gleicher treue und pflichterfüllung
anzuhalten sind.
Vierzehnte these
Aufrufe zur staatenlosigkeit
sind vielleicht gefährlicher als andere weil
eine allgemeine und unifassende zensur eingeführt werden
müßte um sie zu verbieten. Damit verlöre
der staat auch den letzten anschein von freizügigkeit und
wäre unverhohlen der der er ist. Solange er sich
dann noch am leben erhält wird es eine lust sein die
zensoren mit gewagten chiffren zu verhöhnen.
Gefährlich
für den staat doch förderlich der öffentlichen
sache zu deren schutzmacht er sich aufwarf und die
er beschädigte indem er sich und seinen karrieristen
befehlsgewalt in allem zusprach. Deshalb ist auch seine demontage
nichts weniger als destruktiv: sie legt nur frei was
er verdeckt.
Fünfzehnte these
Wenn wir dem
staat in den wir verschlagen wurden so
fremd geworden sind daß wir ihm jede freiwillige
leistung verweigern müssen wir ihn verlassen.
Weil nun staat und land nicht eins sind verlassen
wir den staat ohne das land zu verlassen indem
wir ihm die staatsbürgerschaft aufkündigen.
Demnach bedeutet
hier 'verlassen' und 'verweigern' oder ganz unspektakulär
etwas 'lassen' dasselbe.
Sechzehnte these
Wer die staatsbürgerschaft
aufgibt nimmt sich dafür das recht in
seinem land als fremder leben zu dürfen.
Wie Hölderlins
'Hyperion' als 'Eremit in Griechenland' oder nachdem
das leben eingeholt hat was er schrieb im
turm und in mythischer metapher wie könig Ödipus
nach seiner einsicht in das wesen der tyrannis als 'armer Fremdling
in Griechenland' doch jetzt nachdem der
vorher ungangbare weg gebahnt ist und zwar durch leiden
derer die ihn dennoch gingen mit dem unverbrieften
recht des bürgers das dem paragraphenrecht des
staates überlegen ist.
Siebzehnte these
Die aufgabe der
staatsbürgerschaft und die annahme der staatenlosigkeit
ist ein staatsfeindlicher akt.
'Weil Erkentniß
nur durch Entgegensezung möglich ist' und dieses
gesetz nach einem fragment Pindars 'Von allen der
König' ist weil also der bejahende gedanke aus
dem entsteht was er aus guten gründen zu verneinen
hat kann das verneinte oder losgelassene nicht länger
angefeindet werden sobald d a s 'Gesez'
als das 'Höchste' erkannt ist. Hölderlins kommentar
des Pindarischen satzes schließt mit der erklärung:
''König' bedeutet hier den Superlativ, der nur das Zeichen
ist für den höchsten Erkentnißgrund, nicht für
die höchste Macht.' In diesem höchsten bewußtsein
steht der bürger dem staat als ein könig gegenüber:
verneinend aber unfeindlich. Insofern sind die hier
und in den beiden folgenden thesen gebrauchten begriffe 'staatfeindlicher
akt' und 'staatsfeindlichkeit' nicht zivile sondern
die unzivilisierten des staates.
Achtzehnte these
Die staatsfeindlichkeit
der staatenlosen ist grundsätzlich verschieden von der feindschaft
jener die vom regen in die traufe wollen.
Eben weil er das
'Feindseeligkeitsrecht' als unzivilisiert eingesehen und sich
selbst als civis von der entstellten civitas unterschieden hat wird
der bürger selbst wenn ihn die drangsale eines
staates auf das territorium eines anderen treiben sollten von
unterschieden zwischen beiden und nicht von gegensätzen
sprechen.
Neunzehnte these
Die staatsfeindlichkeit
des staatenlosen ist absolute lieblosigkeit dem staat gegenüber.
Sie ist noch nicht einmal zur verachtung erst recht
nicht zu gehässigkeit fähig: sie ist die reine entfremdung.
Nämlich weil
der staat als hilfskonstruktion nicht gegenstand einer empfindung
sein sollte. 'Reine entfremdung' um jene gewissenhafte aus
erkenntnis gewonnene haitung von der gleichgültigkeit jener
zu unterscheiden die in der rechtswildnis des staates
ihrem vorteil nachjagen.
Zwanzigste these
Staatenlos wird
man nicht per einschreiben änderung im pass oder
ähnliche unbequemlichkeiten sondern durch unbiegsam
spöttische haltung.
Die nachahmung gewöhnlicher
biegsamkeit darf darum spöttisch genannt werden weil
nach der scharfsinnigen unterscheidung in Immanuel Kants entwurf
'Zum ewigen Frieden' bei ihr der rechtsgrund die unveränderlichen
prinzipien zugunsten der das mögliche bewirkenden
maximen verdeckt gehalten während bei jener politisch
gewöhnlichen (im tückisch gewordenen sinn des wortes)
die zweifelhafteren maximen verborgen und nicht vorhandene prinzipien
bloß vorgekehrt werden. Ob dieser 'moralisierenden' moral
mit 'moral' zu begegnen sei daran hegte Kant schon
zweifel. Jene biegsame 'unbiegsamkeit' ist darum auch nicht maxime
eines intellektuellen geschmacks sondern die einzige
möglichkeit sich unter den bedingungen der 'moralität'
zu erhalten.
Einundzwanzigste these
Wer sich für
staatenlos erklärt tut dies mit dem vernügen
und auf die gefahr vogelfrei zu sein.
Für den vier
jahre später im niemandsland gestorbenen Volker von Törne.
Zweiundzwanzigste these
Hinter den staaten
liegt etwas das zu sehen uns die geschichte verdorben
hat. Unsere fantasie reicht kaum aus das mögliche
zu begreifen.
Dieser satz bekennt
die lücke im denken. Die frage: Wie anders? war damals zur
zeit der überzeugungen für mich auch dann
nicht zu beantworten wenn eine antwort darauf zur
hand gewesen wäre.
Dreiundzwanzigste these
Nur wer nicht
wahrhaben will daß die staaten ihre vernichtung
planen kann sie noch für das kleinere übel
halten.
Daß diese
möglichkeit durchgerechnet geprobt und wirklich
im interesse des staates installiert werden konnte ist
tiefste verfinsterung. Wer je in dem und sei es nur
entfernt dem moloch diente muß etwas
anderes meinen wenn er danach noch vom sozialen spricht.
Vierundzwanzigste these
Die geschichte
der staaten ist eine schreckliche verirrung. Dementsprechend
sind aus ihren erfahrungen keine positiven folgerungen abzuleiten.
Denken beginnt wenn
nichts mehr gilt und alles gesetzt ist. Weil dieser moment schon
da war ist die zeit vorbei in der die alte
form zu folgern (die in der formel 'Ich gehe davon aus daß'
in aller einfalt ihr ausgeliefertsein bekennt) mit
denken noch verwechselt werden darf.
Fünfundzwanzigste these
Selbst aus der
revolution ist eine scholastische lehre geworden. Dem mechanisierten
denken entspricht die unverhältnismäßigkeit ihrer
mittel. Bei licht betrachtet herrscht nacht.
Das ist inzwischen
am tag.
Sechsundzwanzigste these
Der begriff der
utopie widerstreitet als inbegriff der hoffnungslosigkeit der
hoffnung die in ihm gestalt gewinnt.
Seit Platons 'Politeia'
handelten die theoretischen oder fantastischen staatsentwürfe
vom 'nirgendwo' und waren darin weniger konkret als die von einem
neuen himmel und einer neuen erde die eine individuell
doch mögliche änderung im denken und handeln meint.
Sie waren surrogate der hoffnung und schlimmeres: sie wurden
in ihrer phantasmagorischen oder in ihrer philosophastriösen
form mitunter auch zum staatswahn oder zur staatsideologie die
alle mittel zu ihrer realisierung rechtfertigten. Trug eine solche
vorstellung pseudoreligiöse züge wie der führerwahn
der faschistischen staaten erschien sie bombastisch
als 'mythos' beruhte sie auf einem system war
doch ihr gegenstand auch wenn sie dies als 'wissenschaft'
bestritt nichts weiter als u-topia.
Siebenundzwanzigste these
Das unvermeidliche
wird nur durch unsere resignation zu dem was es ist.
Wenn nämlich
auf den versuch einer änderung auch auf den individuellen verzichtet
wird weil diese nach den bisherigen beobachtungen
nicht zu hoffen sei. Es darf aber unter uns gesagt keine
ansicht für wahr gehalten werden die unserer
eigenen einsicht widerspricht. Wenn wir selbst unser leben rechtlich
zu leben vermögen ist nicht einzusehen warum
andere dasselbe nicht gleichfalls können sollen. Die üble
meinung von den anderen perpetuiert also das übel.
Achtundzwanzigste these
Staatenlosigkeit
ist der archimedische ort.
Die wirkung eines
außerhalb angesetzten hebels ist wie der aus schlechten
gründen verschrieene rat von außen die
ratio sine qua non weil der immanente fehler des systems seine
erste fundamentale abweichung vom recht als dessen eigener grundsatz unbehebbar von
selbst sich vermehrend ein unrecht nach dem anderen
gebiert.
Neunundzwanzigste these
Die erklärung
der staatenlosigkeit ist ein individueller schritt zum frieden.
Die kriege endeten
nie und wenn sie zu enden schienen so nur aus erschöpfung
der potentiale auf einer oder auf beiden seiten. Sie standen
zeitweise still wenn was bisweilen geschah die
ursache des streites vergessen wurde und brachen an anderer stelle
aus. Sie wurden im namen des staates geführt sie
fanden in staaten statt. Deswegen kann der friede weder von staaten
selbst noch auch was einmal denkbar schien so
umstandslos von dichtern erklärt werden. Es müßte
zuvor der krieg in gedanken beendet werden.
Dreißigste these
Zur auflösung
der alten ordnung genügen nicht wenige. Die wenigen gewinnen
die mehrheit nur wenn sie sich nicht mehr zum opfer
sondern zum beispiel bringen.
Aufgeworfen wird
die frage nach der form des für und wider das
auf der schiefen ebene der entschiedenheit von der polemik gleitend
übergeht zur tödlichen entscheidung. Dies ist obwohl
durch die geschichte widerlegt die konstitutive form
des parteienstaates. Die aufzulösende ordnung ist latent
in jeder wahl die alte ordnung des ordals. Die neue ordnung wäre
eine in welcher phänomenologische unterscheidungen
an die stelle der ideologischen entgegensetzungen und schicksalsentscheidungen
träten.
Einunddreißigste these
Grün ist
die farbe der hoffnung und 'die Revolution der Gesinnungen und
Vorstellungsarten die alles bisherige schaamroth machen
wird' findet nicht im gleichschritt statt.
Jetzt beinahe schon
farbe der schwindenden hoffnung und überdies indessen mißbraucht
als kennwort einer partei welche ihre richtigen ziele nicht
anders als andere mit mitteln des lobbyismus durchzusetzen
gedenkt und weil sie in der selbstgewählten konkurrenz
mit den interessenparteien des egoismus notwendig unterliegt der
zum parteiprogramm gewordenen sache der natur darum mehr schadet
als sie nützt.
Zweiunddreißigste these
Den staat durch
rechtmäßigkeit ins unrecht setzen.
So und nicht anders
ist der staat von seinen bürgern in die schranken zu verweisen.
Dreiunddreißigste these
Wer sich von
den sogenannten rechtsordnungen des staates lossagt beschließt
damit ohne 'Zwangsgeseze' rechtlich das heißt ohne
verletzung anderer und ihrer im gleichen Sinn legitimen ansprüche
zu leben. Er spricht sich damit frei von entmündigenden
vorschriften und verpflichtet sich seinem eigenen gewissen zu
einer integrität die keiner maßregel bedarf um
sich auf das rechtmäßige zu beschränken.
Hölderlin im
februar 1801 nach dem trügerischen verhandlungsfrieden zwischen
Frankreich und seinen royalistischen gegnern: 'Was mich vorzüglich
bei demselben freuet, ist, daß mit ihm die politischen
Verhältnisse und Misverhältnisse überhaupt die
überwichtige Rolle ausgespielt und einen guten Anfang gemacht
haben, zu der Einfalt welche ihnen eigen ist; am Ende ist es
doch wahr, je weniger der Mensch vom Staat erfährt und weiß,
die Form sei, wie sie will, um desto freier ist er. / Es ist
überall ein nothwendig Übel, Zwangsgeseze und Executoren
derselben haben zu müssen. Ich denke, mit Krieg und Revolution
hört auch jener moralische Boreas, der Geist des Neides
auf, und eine schönere Geselligkeit, als nur die ehernbürgerliche
mag reifen!
Vierunddreißigste these
Das recht wohnt
in uns.
Wie die selbstlaute
unter den stimmlosen.
Fünfunddreißigste these
Der staatenlose
beachtet die gesetze des staates in dessen unordnung
er lebt aus einsicht in ihren zwangscharakter solange
er eine solche unterwerfung vor sich und anderen verantworten
kann.
Siehe these XXXII
- XXXIV.
Sechsunddreißigste these
Als staatenloser
kann man dem staat aus dem weg gehen oder sich ihm entgegenstellen aber
man kann sich ihm nicht mehr verbünden.
Der satz kommentiert
sich selbst durch das fehlen des 'mit'.
Siebenunddreißigste these
Ohne realen gegenwert
verzichtet derjenige der aus seiner ungebundenheit
keinen hehl macht auf alle vorteile die
ihm anpassung gewähren würde denn er muß
weiterhin unter den bedingungen der anpassung leben und bekommt
die verzweiflung derer zu spüren die sich selbst
an ihre sicherheit und ihr fortkommen verraten haben.
Wer andere an den
staat verrät hat sich zuerst an diesen verraten insofern
gehört verrat zum phänomen der anpassung und wer von
den angepaßten eines anderen vielleicht gemäßigteren
staats jenen zweiten verrat als unverzeihlich anklagt benutzt
diese gelegenheit über jenen zweiten an den tag gekommenen
verrat den eigenen zu dem er nicht genötigt wurde vergessen ja
rechtfertigen zu können.
Achtunddreißigste these
Die macht des
staates entspricht der ohnmacht seiner bürger. Seine befugnisse
sind den gemeinden entwendet
Demnach genügt
die selbstverwaitung der städte und kreise. Was darüber
hinaus geht ist gemeinsam von diesen zu regeln. Regeln nicht
regieren.
Neununddreißigste these
Die vorstellung
von einer notwendigen zentralgewalt ist so historisch wie der
despotismus.
Kaum ein staat der
seiner entstehungsgeschichte nicht sich schämen müßte der
tatsache nämlich daß sein territorium auf
schreckliche weise zusammengebracht und -gehalten wurde. Die
im gedächtnis der völker haftenden genozide festgehalten
als heilige schriften 'gut zu deuten' nur als die
zeichen eines im bewußtsein der menschen erst werdenden
gottes lieferten unter dem dogma festgeschriebenener
und unveränderlicher heiligkeit die inhumanen muster nationaler
moral. Als aber jene atavistischen paradigmen endlich zerbrachen mit
ihnen auch die beinahe alles rechtfertigende idee des von gott
begnadeten herrschers traten an ihre stelle die egozentrischen
philosopheme eines Schelling und Fichte auf der einen und
auf der anderen seite diejenigen eines Hegel und Marx in
denen der zermalmende fortschritt des zeitalters ideologie wurde.
Übrig blieb nach diesem 'Irrsaal' die machtvollkommenheit
der souveräne als unantastbarer grund des staatsrechts und
die scherben der gleichschaltungssysteme.
Vierzigste these
Unter den bedingungen
einer wie auch immer zentralisierten gewalt ist es für die
bürger unerheblich ob sie von despoten oder satrapen
beherrscht werden. Wo sie angeblich selbst an der macht sind haben
sie die zweifelhafte freiheit ihre satrapen selbst
wählen zu dürfen.
Wo legislative und
exekutive nicht streng getrennt sind wo das recht
nicht über der ausübung des rechts steht liegt
die macht bei der exekutive und nicht bei der legislative und
diese irreguläre verkehrung ist kennzeichen der regime.
Ein land in welchem dieses nicht nur möglich sondern
üblich ist hat nicht das recht sich
republik zu nennen denn jede form von oberherrschaft
widerspricht der öffentlichen sache. Die auf 'kratie' endenden
begriffe bezeichnen wie von Kant unwiderleglich dargetan die
formen der Beherrschung mithin formen der despotie welche
gleichgültig wie sie im einzelnen verfaßt sind mit
der realität der republik sich nicht vertragen: 'Alle Regierungsform
nämlich, die nicht repräsentativ ist, ist eigentlich
Unform, weil der Gesetzgeber in einer und derselben Person nicht
zugleich Vollstrecker seines Willens sein kann.'
Einundvierzigste these
Die sogenannten
staatsordnungen unterscheiden sich voneinander grundsätzlich
nur in der form des betrugs durch welchen sich die
begünstigte minderheit vor der benachteiligten mehrheit
legitimiert.
Das gilt generell
überall wo die öffentliche sache nicht verwaltet
oder geregelt sondern von oben herab regiert wird wo
die sogenannten voiksvertreter in den hinterzimmern der parteibüros und
zwar aus dem engeren kreis der strebsamsten wortgewandtesten
und durchsetzungsfähigsten bestimmt werden.
Zweiundvierzigste these
Die segnungen
des staates die man den bürgern vorrechnet wenn
sie gebraucht werden oder wenn ihnen zweifel an seiner zweckmäßigkeit
kommen sind nichts weiter als dienstleistungen welche
sie im voraus und zumeist noch disproportional teuer bezahlt
haben.
Hier liegt der schlüssel.
Der staat mit seinen fahnen hymnen orden
und eiden mit seiner souveränen machtentfaltung ist
auf das funktionale zurückzuführen. Die auf drei ebenen
etablierten regierungen in diesem land sind nicht nur ihrer form
nach 'Unform' sie sind auch unökonomisch und
steigern in der von oben nach unten gehenden weisungsbefugnis
die despotischen elemente und die faktische volksferne der demokratie.
Dreiundvierzigste these
Der staat ist
überflüssig.
Nicht aber was zu
recht die inschrift Senatus PopulusQue
trüge.
Vierundvierzigste
these
Aus begreiflichen
gründen kann kein staat auf eine wirkungsvolle propaganda
und eine schlagkräftige polizei verzichten. Die polizei
hat dort einzuspringen wo die propaganda versagt.
Weil die politik
nach der maxime daß 'der zweck die mittel heilige'
verfahren darf gibt sie ein schlechtes beispiel und
befördert damit die offene und verdeckte kriminalität
im staat. Die polizei hat also 'dort einzuspringen' wo
seine moralisierende propaganda nicht mehr hinreicht die
durch seine spezifische amoralität entstehenden defekte
auszugleichen.
Fünfundvierzigste these
Solange sie nicht
erzwungen wird legitimiert die wahlbeteiligung das
system. Verweigert die mehrheit die wahl votiert sie
für dessen gewaltlose auflösung.
Um die täuschung
der bürger aufzulösen die darum vor allem
von ihrem wahlrecht gebrauch machen weil diese scheinbeteiligung
am öffentlichen die einzige möglichkeit ist die
ihnen zugestanden wird müßte die legalisierte
korruption durch ämterhäufung und lobbyismus die
mißwirtschaft und der politische zynismus noch offenbarer
werden als sie jetzt schon sind und immer blieben
noch genug die aus gewohnheit oder falsch verstandener
treue dennoch wählen und solche die es aus bequemlichkeit
nicht tun.
Sechsundvierzigste these
Gewalt ist ein
atavismus.
Dies gegen den terror
als reflex auf den bewaffneten staat aber auch gegen
den gewaltvorbehalt des staates wo erforderlich zu
drangsalieren und zu töten. Weil er das recht zu krieg und
standgerichten selbst sich vorbehält ist überhaupt
nichts dabei wenn er mit solchen verhandelt die
diesen vorbehait gelegentlich in anspruch nehmen.
Siebenundvierzigste these
Die opfer waren
vergeblich wenn nicht gelernt wird daß
sie vergeblich waren.
Zwar kann in der
gefahr sich einer für den andern opfern und einer
auch den tod an sich im opfertod durchbrechen und
dieses ist stillschweigend auszunehmen. Sonst aber ist das 'sich
opfern' sind die 'opfer' ein euphemismus für
töten und sterben für irgend eine sache so als
gäbe es im leben etwas das höher als das
leben wäre.
Achtundvierzigste these
Den überlebten
staat ernstnehmen als wäre er unsresgleichen hieße
seine letzten kräfte mobilisieren. Praktikabler erscheint
der weg ihn durch interesselosigkeit zugrunde zu richten.
'Er darf nicht stehen,
wo ersteht, der dürre faule Baum, er stiehlt ja Licht und
Luft dem jungen Leben, das für eine neue Welt heranreift.'
So im 'Hyperion'. Vom überlebten am schluß des abbrechenden
trauerspiels 'Empedokles': '
und es hängt, ein ehern
Gewölbe / der Himmel über uns, es lähmt Fluch
/ die Glieder den Menschen, und ihre stärkenden, die erfreuenden
/ Gaaben der Erde sind, wie Spreu, es / spottet unser, mit ihren
Geschenken die Mutter / und alles ist Schein '
Neunundvierzigste these
Tatsächlich
ist es die hoffnungslosigkeit der gegenwärtigen staaten die
uns ins freie treibt.
Dieses freie ist
das öffentliche. Insofern treibt jenes desperate die individuen
nicht nur aus der beschränktheit der staaten sondern
ebenso aus der privaten.
Fünfzigste these
Das gegenteil
von gefangenschaft ist freiheit das von knechtschaft
herrschaftslosigkeit. Weder knechtschaft noch herrschaftslosigkeit
sind schon gesellschaftsordnungen sondern nur deren
entgegengesetzte bedingungen: sklaverei die der allerungerechtesten
und anarchie die der allergerechtesten ordnung. Für sich
allein ist herrschaftslosigkeit die einzig menschenwürdige
und in gesellschaft die einzig verbindliche haltung.
Weil aber jene absoluten
entgegensetzungen nur dazu da sind undurchsichtige
verhältnisse des staates durchschaubar zu machen ist
nicht von diesen sondern von ihren ableitungen zu
handeln. Von hierarchien zum beispiel von befehlsgewalt
und gehorsamspflicht
Einundfünfzigste these
Denjenigen die
von herrschaft profitieren muß es sehr willkommen
gewesen sein den gedanken der herrschaftslosigkeit
auf den aufrührerischen bruch der konventionen mit konventionellen
mitteln einschränken zu können. Aufruhr solcherart zumal
wenn er folgenlos bleibt ist leicht verächtlich
zu machen. Nicht so 'die Revolution der Gesinnungen und Vorstellungsarten'.
Sie geht über die verdorbenen hinweg und hat es kaum nötig sie
überhaupt zu beachten.
Statt eines kommentars
ein im november 1977 geschriebener brief.
BRIEF
Wir sehen in
euren drohungen und eurem tun keinen sinn. Ihr rächt an
anderen eure eigenen fehler. Eure wut gilt nur noch der ausweglosen
lage in die ihr euch selbst gebracht habt. Was ihr
jetzt noch anrichtet dient fremden interessen die
um nichts besser sind als diejenigen die ihr so grausam
bekämpft. Ihr tötet aus verletztem dünkel; denn
die ihr meinen müßt folgen euch nicht und
ihr tötet als freiwillige söldner. Das korrumpiert
euch doppelt. Das volk für dessen recht ihr euch
so maßlos einsetzt ist euch gerade noch gut
genug als totenopfer eurer verzweiflung. Aber was schlimmer ist ihr
vergiftet sein herz mit neuem haß. Wir sehen ihr
habt keinen ausweg als immerfort weiter zu töten.
Wenn ihr noch menschen seid sucht einen anderen. Das
feige das sich zuletzt immer an den unschuldigen auswütet das
morden muß aufhören. Ihr gehört nur
zum fürchterlichen schwarzen hintergrund des tages. Das
neue kommt ohne euch.
Zweiundfünfzigste these
Es liegt in unserer
hand ein versprechen zu erfüllen oder die faust
zu ballen.
Das wort das
dem grauen entgegensteht weiterzutragen wenigstens das
versprechen.
Dreiundfünfzigste these
Der griff zur
waffe ist immer ein zeichen von schwäche.
Wie der zum gift.
Vierundfünfzigste these
Anarchie ist
ein hohes geistiges vergnügen. Was darunter bleibt barberei
oder stumpfsinn.
Ähnlich dem
im regen zu stehn und das rauschen der bäume zu hören.
Im ernst: seinen 'Zevs' gegenwärtig und sonst keinen herrn
zu haben.
Fünfundfünfzigste these
Wäre anarchisches
denken nicht in allen lebendig die unter anderen zu
leiden haben wäre es tatsächlich nichts
als ein intellektueller traum. So aber ist das anarchische der
zornige oder der tausendfach gedemütigte widerspruch gegen
macht und anmaßung.
Es ist auch ohne
not notwendig.
Sechsundfünfzigste these
Staatenlosigkeit
ist die politische form der herrschaftslosigkeit die idee
einer befriedeten erde unter den bedingungen der vernunft.
Dem einzelnen der
so in seiner kleinen welt als 'weltbürger' sich verhält
oder so sich zu verhalten bemüht ist dies schon
mehr als eine möglichkeit des denkens insofern
eine politische als zwischen den privaten und nationalen
egoismen nur quantitativ ein unterschied besteht.
Siebenundfünfzigste
these
Staatenlosigkeit
ist der verlust der linientreue.
Dieses servile nach
dem munde der mächtigeren reden diese peinlich
genaue befolgung der vorschriften dieses nicht mit
irgendwem sondern mit irgendwas solidarischsein dieses
die in einen gesetzten erwartungen erfüllen müssen diesen
erbärmlichen seiltanz los zu sein mag für
den staat und seine sozialhygienischen veranstaltungen ein verlust
sein für den der davon befreit ist ist
es gewinn.
Achtundfünfzigste these
Lieber mit zwei
händen arbeiten als mit einer den eid abzulegen.
Damit aber nicht
ausgerechnet die besseren von dem der allgemeinheit dienlichen
ferngehalten werden von der aufsicht öffentlicher
dinge von der lehre ist der ungereimte
amtseid und der beamtenstatus abzuschaffen (siehe these XIII).
Neunundfünfzigste these
Kann einer überhaupt
ohne mitschuldig zu werden einem staat die treue schwören der
das land im frieden verwüstet um nur das geringfügigste
seiner verbrechen zu nennen die these lautet: nein.
Zu verbessern: 'um
nicht das äußerste seiner verbrechen zu nennen'. Der
äußersten grenze nähert er sich als geschlossene
anstalt deren insassen damit sie vor verzweiflung
nicht schreien mit sedativen versorgt werden müssen.
Sechzigste these
Kann einer noch
im ernst die staatstragenden parteien wählen wenn
diese von cliquenwirtschaft und korruption gezeichnet sind wenn
deren machtkampf zum krieg im frieden geworden ist wenn
deren eigeninteresse rechthaberei und lügen erzwingt wenn
durch sie parteilichkeit zur offiziellen denkform wird und wenn
sie ihre wähler mit billigsten parolen für dumm verkaufen
nur um dies allergewohnteste aufzuzählen !
die these lautet: nein.
Parteiisches denken
ist krieg in gedanken. Schon das zeitgenössische bewußtsein selbst
dort wo es dem trend der avantgarden um einen fußbreit
vorauseilt erscheint vom archimedischen
ort aus betrachtet in seiner fixerung auf augenblickliche
wirkung als gebundenes mithin unfreies wogegen die
parteigenossenschaft jenes nur diffuse vorausseinwollen
des tagesbewußtseins auf konkrete ziele konzentriert und
darum den konflikt der um vorherrschaft ringenden parteien zum
inbegriff 'politischer kultur' erklärt.
Einundsechzigste these
Zwischen denen
entscheiden zu müssen die sich den wählern
zur wahl stellen ist wenn man es richtig
bedenkt eine beinah unglaubliche Zumutung.
Was abstößt ist
das morastige geläuf der karrieren und welche naturen bei
dieser art von auslese nach oben steigen aber auch
ein entsetzen darüber daß NSDAP und SED nicht reichten um
das rutenbündel der partei um die parteigenossenschaft um
das parteiische an sich zum unding zu machen.
Zweiundsechzigste these
Nicht wählen.
Inzwischen bin ich
an einigen tristen sonntagvor- oder nachmittagen in das wahllokal
meines viertels gegangen um gegen die jahrzehntelang
herrschende partei der stadt zu votieren. Es gab keinen anderen
grund als diesen einen und die opponierende partei die
ich stattdessen wählte hatte nicht meine zustimmung.
Notwendige erfahrungen des gefühls um nicht in
die gefangenschaft von sätzen zu geraten. 'Leicht fanget
aber sich / in der Kette, die / Es abgerissen, das Kälblein.'
Dreiundsechzigste these
Das beste wäre man
betriebe die revolution ein wenig weniger ernsthaft. Wer sich
nicht vogelfrei erklärt um die häscher zu
verspotten sollte es lieber lassen.
Damals wie heute
gegen die finstere entschlossenheit der verbitterten und verbohrten
und gegen die werber verführer verdummer.
Vierundsechzigste these
Weil sie sonst
überhand nimmt müssen wir die dummheit terrorisieren.
In Seldwyia darf die Eroica nur noch auf der mundharmonika gespielt
werden.
In der furchtsamen
mediokratie.
Fünfundsechzigste these
Der erste schritt
hinaus ist trunkenheit der zweite freiwilliger wahnsinn
und der dritte unvernunft der reinen vernunft.
Indem die reine
praktisch wird indem sie unter dem offenen himmel
der erkenntnis eintritt in das öffentliche muß
sie der schlauheit auf die füße treten die
immer schon vernunft sich nennt und alles was nicht
seinen vorteil sucht für unvernünftig hält.
Sechsundsechzigste these
Weil thesen nichts
weiter sind als thesen dürfen sie sich behauptungen
erlauben. Ich sage es gibt kein angenehmeres schicksal
als fremd zu sein. Da kann einen nichts gewöhnen und
die heimat ist gegenstand herrlichster träume. Ade.
|