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Marginalien zur Frankfurter Hölderlin-Ausgabe

Hekatombe für B.

Kaum anderthalb Jahrzehnte nach Erscheinen des letzten von Friedrich Beißner herausgegebenen Textbandes, noch wärend Adolf Beck den letzten Supplementband der Stuttgarter Ausgabe vorbereitete, erschien der Einleitungsband zur Frankfurter Hölderlin-Ausgabe. Die Reaktion war geteilt. Vordergründig entzündeten sich die Kontroversen an einer befürchteten einseitigen Politisierung des Dichters; die tiefergehende Verbitterung ging jedoch von dem Umstand aus, daß einer ganzen Philologie die Ausgangsbasis ihrer exegetischen Raubzüge entzogen wurde – dies, obwohl anfängliche Angriffe aus den eigenen Reihen zum Schweigen gebracht und das Modell der Stuttgarter Ausgabe zum Muster großangelegter Editionsunternehmen erklärt worden war. In dieser Konstellation konnte die Bewegung, in der sich die Hölderlin-Rezeption immer noch befindet, als Teil jenes undialektischen Stellungskrieges begriffen werden, den die ideologisierten Mächte und ihr intelektueller Anhang gegeneinander führen. Wenn überhaupt etwas, ist das Gegenteilige die werkimmanente Tendenz: Bildung eines dialektischen Gewissens, dem besinnungslose Feindschaft unmöglich wird. Seit die Stuttgarter Ausgabe konzipiert wurde, ist nicht nur das szientifische Textbedürfnis differenzierter, sondern vielleicht auch ein allgemeines Lesebedürfnis kritischer, selbständiger und anspruchsvoller geworden: Vorzugsweise für diese imaginärneuen Leser wurde die Frankfurter Ausgabe geplant. Nur insofern ist sie ein Gegenentwurf zur Stuttgarter Ausgabe, ohne deren Existenz sie undenkbar wäre und mit der sie, zusammen mit allen früheren Editionen, eine historisch folgerichtige Kette bildet …