
sarah kirsch
zitronenfalter
aquarell 1988
EINE SONIEGEHALTENE
REDE
Genauso ist die Beschaffenheit dieser Bilder. Hier gibt
jede Farbe ihren ureigenen Ton und ihre Form an. Und auf den
ersten Schritt, der frei zu sein scheint wie der luftige Zufall,
folgt sehr konzis der nächste und so gibt unter beständigem
Staunen eins das andre.
Das mit allen denkbaren Mitteln. Jedesmal wieder so, als machte
sich ein eben angelangter Crusoe mit Vorsicht und Sorgfalt bekannt
mit den Erscheinungen eines unbekannten Eilands, welches bis
diesen Tag ein weißer Fleck war auf den Landkarten der
Seehelden, Händler und Konquistadoren. Und wenn es zum Schluß
doch noch Fußspuren gibt der Kannibalen, so ist es der
ausgeschleuderte Pinsel mit seinen unberechenbaren, höchst
wundersamen Tropfenspuren, mit denen die kongeniale Malerin der
allzureinen Beschaulichkeit das kontradiktorisch andere entgegensetzt.
Nein, dreimal nein! das sind nicht 'Sarah Kirschs Ausflüge
in die Aquarellmalerei', wie die wohlmeinende und kenntnisreiche
Kunsthistorikerin aus der eigentlich nicht am Neckar gelegenen
'Neckarstadt' schrieb. Es ist die Zone der Stille der anderen
Seite, gegenüber der Sprache. Wo der 'Accent des Bedürfnisses'
schweigt, wohin ihr glücklicherweise nur unsere Augen folgen
können
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