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FRÖSCHE HABEN KEIN SCHICKSAL
XIV frösche haben kein schicksal und leiden dran daß sie keins haben fressen sich auf unternander und was allen übrigen wesen widrig ist ihr höchstes vergnügen loben mit tücke im herzen wenn einer sie nötigt zu loben spiegelt ein schwan sich im teiche oder im fluge der habicht rühren sie auf den teich und lachen des zerrbilds doch das röhricht am ufer welches nichts besseres kennt als der sperlinge schwarm lauscht dem gequake und glaubt dran heute senkte die waage auf ihrer seite sich nieder während droben die götter göttinnen auf dem schoße den schönen seichten geschichten der sterblichen sänger zuhörten und eischnee selbander aßen das ist der seeligen speise welche ambrosia heißt sechs stunden langsam gebacken in lybischer sonne und aus hohen gefäßen nektar tranken aus milchiger gerste gewonnen und honig aus süßklee gesaugt dicht bei der kastalischen quelle also litten die frösche nach dem gerechten gesetz das alles schnellstens ins lot bringt sibyllinische unken blieben verschont und sanftbescheidene kröten im erdmull verborgen welche ihr heilges gift schützt
XV dennoch in luftiger gondel rauften den bart die gerechten faßten sich an die nase rangen über dem barhaupt die hände da sie auf abgeweideter wiese das schröckliche ende ersahen der metaphorischen frösche aber in gräben dazwischen waren nach willen der mutter den quappen schon zehen gewachsen kaum daß sie den molchschwanz verloren öffneten sie schon das mäulchen der leichtbeweglichen luft die das gequake fortträgt und mischt mit den stimmen der vögel geduldig nämlich erharren die unmetaphorischen wesen soviele von ihnen noch übrig die entleerung der erde von erfindung der menschen
XVI aber noch defilierten die schafe und jetzo aus früherer zeit ein pudelspitz seltenster sorte am flachen podeste vorbei zusammen mit einem kargen gespannhund die kläfften vertraulich doch sie regte kein lid obgleich sie gar alles bemerkte durch der wimpern nicht ganz herabgelassenen vorhang und tat als ob sie nicht da wär nach fakultäten gestaffelt mit dem gleichmäßigen dröhnen füllte den unteren himmel der buchstabenähnliche kranich begleitet von zwitschernden falken als ging es noch einmal nach coventry oder dresden danach dreieckig die schneegans von außen bekannt der schriften seit mosis zeit und tutmosis als ein namhafter frosch nachdem er den hinteren graben durchschwommen und überwunden den wall aus garten und küchenabfällen die vordere tür doch erreichte mit ihm sein taschenträger ein kleiner frosch aus bovenden beide unter dem oben schon trocknen darunter jedoch noch feuchten fladen der tragenden färse juno rief sie mit namen der gummigestiefelte nachbar hüpfend unter dem grünlichen schild als unter alberichs kappe waren die zwei den gierigen störchen entgangen so auch tragen olivenen drillich die armen soldaten seit aus der mode die wunderschönen monturen wenn sie vom scheibenschießen mit lautem gesang zum kasernentor ziehen winkt keine magd aus dem fenster und auch draußen im feld schützt vor dem tode mitnichten die welke farbe des todes so auch vor rachen und stachel jene zuletzt nicht der kuhdung
XVII sie aber konnte des lachens nicht sich enthalten daß der sich herbemühte in ernst verkehrend den scherz des orakels dem delphischen dreifuß entquollen oder dem kopf auftauchend im dampf des schottischen kessels: wenn mit quakender stimme der grünliche fladen der tragenden färse vor dem türspalt erscheint hat ein ende das froschreich aber das lachen vertrieb die falte zwischen den brauen als zur breitmäuligen rede der fladen vor ihr sich anhob und zwei geränderte augen zur spalte hinlugten der haustür denn der gehilfe im dunkel stemmte den schutzschild einhändig die andre hielt noch die tasche angelernt von der münchner und den kusinen in hamburg war er größeres hoffend zur tante nach frankfurt gekommen rühmlich bekannt schon fürs wort allemal als general singularis von keinmal doch der ältre begann: panegyrische reden verbieten sich weil sie bedeutendste deutsche poetin nicht wie roswitha schon tot sind oder die große karschin so mit törichter zunge denn abseits stand tochter athene die doch besinnung verleiht und gabe der überredung diese senkte das helmhaupt er aber schielte noch immer zur halbgeöffneten türe wo sie den kopf zwar gelehnt am pfeiler nahe den angeln doch nur äußerlich gleich der heilgen therese berninis denn es wurmt sie im herzen der name der karschin und redete stumm bei festgeschlossenen lippen: weder im kniegang noch sprunge kommt der mir über die schwelle nimmer sieht er die stube den tisch nicht und auch nicht das bette und eben da er versprach ihr die spalten zu öffnen der tiefdruckbeilage zog sie sachte die tür zu doch schnappte das schloß nicht und fingerbreit blieb eine ritze
XVIII aber den strahl eines liters destillierten champagners welcher die nieren durchlaufen und in der starken blase gesammelt vier finger gestreckt überm stall der falben manchesterhose entsandte von oben der schiffer drob kicherten siebzehn gerechte aber die andern siebzehn rümpften grämlich die nase hell erglänzte der bogen und wie die vom senkblei beschwerte hanfschnur fiel er herab und durchschlug beim ersten aufprall den schutzschild nicht ganz genau in der mitte obwohl ihn helios selbst der hüter freiweidender herden schon provisorisch gehärtet sinnend über die ferne zukunft der grünenden erde bildete er ihn als leblose scheibe mit kratern und rissen inmitten aber ringsum am rand wie das fleisch sanftäugiger wesen brüllend an spießen sich wand in töpfen und pfannen der menschen weil die das futter vermengt mit pulver aus abdeckereien wie des odysseus gefährten nahe der heimat des sonnengotts rinder geschlachtet und in den wind geschlagen die warnung weshalb die vier winde gleichzeitig zurück ihre schiffe geschleudert und keiner von ihnen erreichte das winzige eiland ithaka also bildete handlos der gott die menschliche torheit abwechselnd mit schalen des unheils rings um die wölbung des schildes nicht sonderlich deutlich doch sichtbar mit dreifach vergrößernder lupe ehe dies alles getilgt ward vom endlos scheinenden harnstrahl
IX den gehilfen traf er zuerst entriß ihm die aktentasche und badete ihn zum verderben taufte ätzend alsdann auch den vorderen frosch der für den größten sich hielt was zirpst du mir grille ins ohr? nun gut ich sage nichts weiter blitzenden auges und weithin leuchtenden schnurrbarts tat es der schiffer und freute sich seiner kunst wie der salpetersaure champagner die schollen zerbrochen des fladens und wie auf dem grauen asphalt das grüne pigment sich verteilte warf hinterher einen sonnenuhrzeiger den buchstaben A diverse zahlen wie üblich ein X für ein U eine kugel und steinchen auch zwei verstrebte beine des imaginären stuhles welche daneben fielen und einen goldenen ring den zog er vom finger nachdem er das beinkleid sorgfältig geordnet
XX vom parisbargesindel das guter dinge wie immer vollauf mit anderm beschäftigt merkt es einer und alles wirft sich auf einmal auf der gerechten seite aber der schiffer sogleich faßt mit der rechten das tönende tragseil am steven mit der linken hand hascht er den hängenden griff der notbremse ähnlich in spielzeugzügen am ende der eisenzeit damals als noch die reisenden nicht hermetisch verschlossen den raum durchquerten in reinen vehikeln der zeitnot und eilend löst er den anker denn es schnellten linksseitig nach oben die taue und um schlug die gondel wie unterm rialto zu dreist der bräutigam nach der braut greift und diese errötend sich wegbiegt daß jäh im trüben canale enden würde die lustfahrt wenn nicht der gondoliere den ruderstab tief in den grund drückt also kentert die gondel linksschwingend über die eider da jene rechtshin sich drängen und schüttet aus miteinander gerechte und ungerechte doch über den stürzenden schießt pfeilschnell der ballon mit dem künstler hinauf in höhere sphären ruhig setzte sich der und hüllte sich ein in den schafspelz und schaute wie zeus nach den rasch sich verkleinernden dingen der erde
XXI jene indessen versuchten mit händen rudernd zu fliegen jedoch es trug sie die luft nicht und klagend kopfüber kopfunter fielen sie in die eider wo eben ihr grausames werk die raubenden fische vollbrachten denn angelangt waren nun auch von westermühlen die frösche wer mit eiligem fußstoß fast auf dem wasser hingleitend dem andern ufer zustrebte den packten von hinten die hechte verlassen den sitz nah bösbüttel eideraufwärts geschwommen zum festmahl obwohl er seit dreißig jahren die froschkost verschmäht ihr könig neun starke fuß lang und siebzig englische pfund schwer wie man den nächsten liebt war lieb ihm der pfündige döbel und wie sich selber liebt er die goldene orfe wenn sie von gleichem gewicht war denn er aß mit dem auge größere lagen zu hart im magen und kleinere jagen war ihm zu mühsam der nun durchpflügte die flut mit geöffnetem rachen und klappte ihn zu wenn zwölfe drinnen versammelt und kurz war die predigt welche aber im dunklen grund der eider abzuwarten gedachten tauchten gradwegs in den schlund der schlammgeborenen welse neun lagen sie nebeneinander genährt sonst von enten und ratten und keiner wog unter vier zentner
XXII aber nicht lange verweilten in gleißender sonne des storchenschnabels gewärtig sondern das weite suchten in langen angstvollen sätzen die beiden entronnenen frösche der jüngere links um das haus der andre rechtshin zum garten und da sie zusammentrafen vor der hinteren türe fanden sie diese versperrt vom schwarzen kalbgroßen hunde vom alter gesegnet in wärmender sonne lag der gutmütig den kopf auf den pfoten tödlich jedoch erschraken die frösche das hadeszeichen erblickend und mit trockener kehle sprach der größre zum kleinen: laß uns gemeinsam entfliehen zum komposthaufen dort drüben daß unter welkem salat wir und erbsenschoten die schützende nacht doch erharren dann ists nicht mehr weit bis zum graben und morgen sind wir gerettet ihm entgegnet der jüngre: mitnichten wirds uns mißlingen wie manchen dichtern ihr leben bis die sonne gesunken berg uns der wärmende kompost doch hofft er die lenden zu retten unter des blumentopfs scherben vorigen herbst zerschellt als sie von ziehenden vögeln ein weh am himmel gelesen da sie vor frost bewahren wollte den pfennigbaum und gesorgt daß ihm nicht abbrächen die triebe und sie ein lachen geschüttelt über den mutwill der wahrheit eben wollten die springen der eine zum kompost der andre seitwärts hin zum scherben des topfes als vor ihnen das haupt die ringelnatterr erhob von glänzendem weißgold die wangen sagte sie finsteren augs: froschsohn jetzt bist du verloren immer schon hat mich dein elendes quaken gestört im blaulichen schilf spätabends wenn ich auf einsamem bett des liebenden mannes gedachte den ein mercedes aus frankfurt rechts vom weg überholend den traktor des gummigestiefelten landmanns auf grüner wiese zermalmte
XXIII immer in dünnerer luft noch aufsteigend zog jetzt die leine der künstler leise zischend entwich dem ventil das heliumgas und es sank der ballon in der reglosen luft der honigduftenden gerste den elften tag vor jacobi da seit druidischen zeiten zum segnenden himmel die fersen ländliche mädchen erhoben und hielten am brauch bis ins alter sofern der gatte an diesem tage nicht achtet der niedergewälzeten halme denn wahrlich schlimmer ist hagel und regelmäßig verschont blieb das erntefeld mit der kuhle doch so fleißig durchforschte das dreifach ausziehbare sehrohr vom margarethenwall abwärts bewegte gebüsche und felder gelb wie samländischer bernstein es sah nur bei seeth die greisin wie mit dem stocke im gras sie ihn sucht den versunkenen findling dessen porphyrenes haupt ihnen oftmals die stelle gewiesen doch regnete es jenes tags so ward unter schauenden rossen das runde fenster geöffnet der häuslichen rumpelkammer umgelegt der mächtige schrank mit dem rotblauen inlet des winters ausgebreitet wie flügel die türen und es erfreut sich schneeweiß die eiderdünische venus aber mit bloßem auge erkennt der luftschiffer jetzt die passagiere der gondel beidseits das ufer gewinnen sieht sich zerstreuen übers gefild nach heide zu und nach husum der hauptstadt verzogene kinder und die immerdar gleiche zahl der gerechten dann mit dem leichten ruder am strand von java gefertigt zu fächeln dem könig von siam manövriert er das luftschiff über die straße vorm garten lockert nun siebzehn ruten über normalnull die leine des sinkventils und es schließt sogleich die fontanelle im scheitel
XXIV jetzt aus selbsttragender loge den salto rückwärts der frösche sieht er genau und wie sie nebeneinander im gleichsprung entfliehen verfolgt von der riesigen natter sechs hessische fuß lang und hinterm kopfe so stark daß den hals eine zwei finger umfaßten dreimal umkreisten das haus die springenden frösche aus furcht vor der gleitenden schlange dreimal warfen sie flehende blicke zur spaltbreit geöffneten türe aber wie hera der stadt des schöngegliederten paris zürnte die dichterin sehr den mancherlei quakenden lurchen hinter dem fallenden haar ist düster die stirne und grimmig funkeln die augen darum beim vierten male die lücke vor augen des scherben der umgestürzt dalag sprach mit bebender stimme rechterhand flüchtend der jüngre: laß uns dicht beieinander die natter erwarten und schießt sie heran so springen wir auseinander unter die scherbe dort ich und du zum rettenden kompost eh sie sich umgewendet sind wir beide verschwunden dachte aber im herzen es würde die schlange den ältren noch vor dem haufen ereilen jener dagegen erwog wie ohne ausflucht das nahe versteck und überdies leicht zu erraten und sprach mit trockener kehle: versuchen wir unser glück zwischen den springenden fröschen hindurch schießt die schlange und warf sich nach links gleich und haschte im dritten sprunge an den gestreckten füßen den ältren über den wachsenden bohnen verschlingt ihn obgleich er noch quarrt und würgt ihn wieder heraus er schmeckte nach einem bellini gemixt mit fauligem pfirsich der andere aber frohlockte zu früh denn er saß auf dem eingang zur stadt der furchtbar stechenden wespen aber indessen ist ein schwarzer mond vor die sonne getreten schatten liegt über dem land und gedrängt aneinander angstvoll auf straße und deich stehen schafe und wölfe heimgekehrt zu den nestern bedecken erschrockene störche ihre brut mit den flügeln einkehren heimschwimmend die hechte bei erlenwurzeln zu schlafen und welche tropfnaß dem bahnhof in husum und heide zueilen vergessen beinah zu atmen nur die unförmigen welse den schlammgrund aufrührend ziehen noch langsam stromaufwärts gegen den wind der jetzt aufkommt lehnen sich klagende knaben die hier spazierengingen erst in die eine dann in die andere richtung der bildende künstler wirft ab von jute den beutel und wie den fernet der adler trägt ihn die nächstbeste luft hinunter nach passau und weiter aber die blaue diesellok rattert mit dem mitropawaggon rückwärts zurück in ihr kleines erkältetes land
aus: d e sattler,
am euphrat (html 44 kb);
vollstaendig: fête
champêtre (pdf 86 kb) |